Privatstiftungen unterliegen mit bestimmten Einkünften aus Kapitalvermögen (zB Zinsen aus Bankguthaben und Anleihen, Gewinne aus der Veräußerung von Wertpapieren) sowie mit Einkünften aus privaten Grundstücksveräußerungen der Zwischensteuer iHv 23% (seit 1.1.2024). Dabei ist die Zwischensteuer als Vorwegbesteuerung für eine spätere Zuwendungsbesteuerung bei den Begünstigten konzipiert. Die Bemessungsgrundlage für die Zwischensteuer wird um die im selben Veranlagungsjahr getätigten Zuwendungen an die Begünstigten reduziert. Eine in den Vorjahren veranlagte und entrichtete Zwischensteuer ist der Privatstiftung wieder gutzuschreiben, wenn in einem Folgejahr die Zuwendungen höher sind als die zwischensteuerpflichtigen Einkünfte. Uneingeschränkt gilt dieses System dem Gesetzeswortlaut nach bislang nur, wenn für die Zuwendungen 27,5% Kapitalertragsteuer abgeführt wird – sprich primär bei in Österreich ansässigen Begünstigten.
Bei im Ausland ansässigen Begünstigten gestaltet sich die Situation schwieriger. Die von Österreich abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen sehen vor, dass Österreich bei Zuwendungen von Privatstiftungen an im Ausland ansässige Begünstigte kein oder nur ein eingeschränktes Recht auf den Kapitalertragsteuerabzug zusteht. Dementsprechend reduziert sich die Bemessungsgrundlage für die Zwischensteuer entweder gar nicht oder nur anteilig. Dies führt in der Praxis oft dazu, dass die Privatstiftung trotz Vornahme von Zuwendungen Zwischensteuer zu entrichten. Das dadurch entstehende Zwischensteuerguthaben kann in Folgejahren nur langsamer oder überhaupt nicht verwertet werden.
Mit seiner jüngsten Entscheidung zum Stiftungssteuerecht vom 5. Jänner 2024, RV/4100535/2016, erteilt das Bundesfinanzgericht dem derzeitigen System der Zwischenbesteuerung bei Zuwendungen von Privatstiftungen an im Ausland ansässige Begünstigte nun eine Absage. Die einschränkende Bestimmung wurde für unionsrechtswidrig erachtet (Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit) und ist daher nicht anzuwenden.
Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde zugelassen und es wurde Amtsrevision erhoben. Im Zuge des weiteren Verfahrens könnte somit vom VwGH anders entschieden werden – gegebenenfalls nach Vorlage an den EuGH.
Aufgrund der BFG-Entscheidung mindern Zuwendungen an im Ausland ansässige Begünstigte in offenen und künftigen Fällen die Bemessungsrundlage für die Zwischensteuer zur Gänze – unabhängig von der tatsächlichen Belastung mit Kapitalertragsteuer in Österreich. Zudem sollte auch in bereits rechtskräftigen Fällen die Möglichkeit einer Bescheidaufhebung geprüft werden. Ein bis dato nicht verwertbares Zwischensteuerguthaben kann infolge des Judikats nun leichter gutgeschrieben werden.
Die Bestimmung zur Berechnung der Zwischensteuergutschrift im Fall der Auflösung der Privatstiftung war konkret nicht Gegenstand der Entscheidung. Im Lichte der aktuellen Rechtsprechung müssen auch hier konsequenterweise die Zuwendungen an ausländische Letztbegünstigte in voller Höhe berücksichtigt werden. Dabei ist zu beachten, dass die gutgeschriebene Zwischensteuer bei Auskehrung des gesamten Vermögens an die Letztbegünstigten wiederum als Zuwendung behandelt wird.
Mag. Stefan Kulischek (stefan.kulischek@at.ey.com), Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, ist Partner bei Ernst & Young Österreich. Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt in der laufenden steuerlichen Beratung von vermögenden Privatkunden. Er ist Mitglied in Stiftungsvorständen sowie Autor von Fachartikeln und Buchbeiträgen zu den Themen Privatstiftungen und Vermögensveranlagung.
Mag. Christina Zwettler-Hirsch (christina.zwettler-hirsch@at.ey.com) ist Steuerberaterin bei Ernst & Young in Wien und im Bereich Business Tax Advisory tätig. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der laufenden Beratung nationaler Unternehmen sowie vermögender Privatpersonen. Zuvor war sie ua Universitätsassistentin und Projektmitarbeiterin am Institut für Finanzrecht der Universität Wien.