Als mündelsicher gelten Geldanlagen, bei denen ein Wertverlust weitestgehend ausgeschlossen werden kann. Gesetzliche Vorschriften oder Satzung können Anleger verpflichten in mündelsichere Anlagen zu investieren. Zum Teil orientieren sich auch risikoaverse Anleger wie Stiftungen oder Vereine an diesen Vorgaben. Reale Vermögensverluste waren mit mündelsicheren Anlagen in den vergangenen Jahren fast nicht zu vermeiden. Welche Unterschiede und Risiken zu beachten sind, wird im folgenden Artikel erörtert.
Rechtliche Bestimmungen
Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB) sieht für die Veranlagung des Vermögens von Minderjährigen besondere Vorschriften vor. Geldmittel sind dabei „möglichst sicher“ und „möglichst fruchtbringend“ anzulegen. Daraus resultiert unmittelbar ein Zielkonflikt, da ein höherer Ertrag in der Regel auch mit einem höheren Risiko verbunden ist. Die Literatur vertritt in diesem Zusammenhang die Meinung, dass primär auf die Sicherheit und erst in zweiter Linie auf den Ertrag zu achten ist.
Als mündelsicher gelten Veranlagungsformen mit besonders geringem Ausfallsrisiko, etwa Spareinlagen, Bankguthaben, österreichische Staatsanleihen oder Schuldverschreibungen, die vom Bund garantiert werden, sowie inländische Liegenschaften.
Für Fondsanlagen finden sich spezielle Vorgaben im Investmentfondsgesetz 2011 (InvFG). In § 46 Abs. 3 InvFG werden die Voraussetzungen für die Qualifikation als mündelsichere Fonds definiert. Auch für Immobilienfonds gibt es entsprechende Vorgaben, die sich in § 6 Abs. 7 Immobilien-Investmentfondsgesetz finden.
Deutliche Unterschiede bei Performance und Kosten
Derzeit erfüllen in Österreich 14 Anlagefonds und 2 Immobilienfonds die Kriterien. um als mündelsicher klassifiziert zu sein. Die Anlagefonds investieren zu einem überwiegenden Teil in verzinsliche Wertpapiere mit hoher Bonität von ausschließlich österreichischen Emittenten.
Unsere Analyse der Anlagefonds zeigt, dass es erhebliche Unterschiede in der Performance gibt. Im Zeitraum zwischen 01.01.2012 und 31.07.2022 kommt der schlechteste Fonds auf eine Performance von kumuliert -1.5% (entspricht -0.1% p.a.) und der beste Fonds auf kumuliert +20.9% (entspricht +1.8% p.a.). Die Inflation hat in diesem Zeitraum kumuliert 27.8% (entspricht 2.3% p.a.) betragen. In acht von elf Jahren war die Inflation höher als die mittlere Rendite der Fonds. Ab 2017 ist diese Schere immer weiter zu Ungunsten der Anleger aufgegangen. Reale Kursverluste waren damit nicht zu vermeiden. Mit einer Strategie von 80% Anleihen und 20% Aktien hätte man mit einer Performance von kumuliert +48.4% (entspricht 3.8% p.a.) auch auf realer Basis einen deutlichen Gewinn erzielt.
Die Kosten („Total Expense Ratio“) der Fonds liegen in einer Bandbreite von 0.43% bis 1.23% p.a. und sind damit auch zu beachten. Im Mittel lagen die Kosten bei 0.54% p.a. Die Kostenunterschiede sind nicht zuletzt auf die weite Bandbreite in der Größe der Fonds zurückzuführen. Der kleinste Fonds hat ein Volumen von EUR 4.3 Mio., der größte Fonds verfügt über ein Volumen von 347.2 Mio.
Kein Ertrag ohne Risiko
Eine Anlage in mündelsichere Wertpapiere erfolgt in der Praxis oft dort, wo aufgrund gesetzlicher oder statutarischer Vorgaben eine risikoaverse Veranlagung vorgeschrieben wird. Mündelsicher bedeutet jedoch nicht unmittelbar, dass die Veranlagung risikolos ist. Finanzielle Risiken wie Kurs-, Zins- oder Kreditrisiko sind auch hier zu beachten.
So galten beispielsweise Anleihen, die mit einer Bundes- oder Landeshaftung ausgestattet waren, lange Zeit als sicher. Der Kapitalschnitt bei Anleihen der Hypo Alpe Adria Bank, die mit einer Haftung des Landes Kärnten ausgestattet waren, hat diese These erschüttert. Staatsanleihen in Europa haben seit dem Schuldenschnitt bei griechischen Anleihen ihren Nimbus als „sicher“ verloren.
Anzumerken ist, dass auch Wertpapiere gekauft werden können, die über kein Rating verfügen. Die Handelbarkeit solcher Wertpapiere ist insbesondere in Stressphasen oft erheblich eingeschränkt. Auch derartige Liquiditätsrisiken sind bei der Fondsauswahl zu beachten.
Bei näherer Analyse der Anlagefonds, stellt man auch fest, dass die Diversifikation der Anlagen im Fonds teilweise deutlich eingeschränkt ist. In einzelnen Fonds machen die drei größten Positionen über 50% des Fondsvolumens aus. Im Mittel liegt deren Gewichtung bei 37%. Auch wenn die Bonität der Schuldner hoch ist, sollten Klumpenrisiken wenn möglich vermieden werden.
Die Abweichungen in der Performance verdeutlichen, dass der Risikograd in den Fonds auch unterschiedlich ist. Neben einer längeren Duration (Laufzeit festverzinslicher Wertpapiere) gehen manche Manager auch höhere Kreditrisiken ein. In einem Jahr wie 2022, wenn neben den Zinsen auch die Risikoaufschläge steigen, schlagen derartige Unterschiede in der Risikoneigung voll auf das Anlageresultat durch. Gesetzliche Vorgaben (z.B. Mindestrating) dazu gibt es keine.
Eine Kennzahl für die Beurteilung des Verlustrisikos einer Anlage stellt der „Maximum Drawdown“ (MDD) dar. Darunter versteht man den maximalen Wertverlust, der innerhalb eines definierten Zeitraumes mit der Anlage eingetreten ist. Der maximale Verlust der mündelsicheren Anlagefonds liegt aufgrund der Zinsentwicklung in den letzten Monaten in einer Bandbreite von -6.7% bis -19.1%. Die vorhin erwähnte Strategie von 80% Anleihen und 20% Aktien hatte im gleichen Zeitraum (01.01.2012 bis 31.07.2022) einen MDD von -12.8% und liegt damit im Mittel dieser Bandbreite. Das in diesem Zeitraum erzielte Anlageresultat liegt mit 3.8% p.a. jedoch deutlich höher als bei den mündelsicheren Anlagefonds (-0.1% p.a. bis +1.8% p.a.).
Werden Aktien einer Strategie beigemischt, erhöht sich die Schwankung bzw. Volatilität der Resultate zwangsläufig. Je länger der Anlagehorizont, desto stärker relativiert sich die Volatilität und glätten sich die Ergebnisse im Zeitverlauf. Von deutschen Gerichten wurden auch Aktienfonds, die defensive Strategien verfolgen (z.B. Dividendenstrategien) als mündelsicher genehmigt.
Aufgrund der Zinsentwicklung in den letzten Jahren sind die vom Gesetzgeber definierten, für Mündelgelder geeigneten Anlagen auch immer weniger „fruchtbringend“ gewesen. Die Renditen bei Anleihen von Schuldnern guter Bonität waren zum Teil sogar nominal negativ. Auf realer Basis konnte man bei diesen Anlagen von sicheren Verlusten ausgehen.
Schlussfolgerungen
Finanzanlagen bewegen sich immer im Zielkonflikt zwischen Rendite, Risiko und Liquidität. Wer zumindest einen realen Werterhalt sucht, muss Risiken eingehen. Wesentlich ist, dass die Risiken bekannt und damit steuerbar sind. Die günstigste Absicherung von Risiko besteht in der Diversifikation der Anlagen. Klumpenrisiken sind zu vermeiden.
Wir empfehlen Anlegern ihre Vorgaben dahingehend zu prüfen, welche Anlagestrategien und -instrumente geeignet sind, diese Vorgaben zu erfüllen und gleichzeitig die Anlageziele zu erreichen. Sollten tatsächlich nur mündelsichere Anlagen gemäß § 217 ABGB zulässig sein, ist zu prüfen, mit welchen Wertpapieren bzw. Fonds eine möglichst effiziente Umsetzung möglich ist. Sollte lediglich eine risikoarme oder risikoaverse Finanzgebarung vorgeschrieben sein, steht ein breiteres Spektrum von Anlagestrategien zur Verfügung, das bei vergleichbarem Risiko, bessere Resultate erwarten lässt und damit genutzt werden sollte.
Aufgrund der erheblichen Unterschiede bei Risiko, Kosten und Performance der mündelsicheren Anlagefonds empfiehlt sich zu prüfen, ob ab einem gewissen Anlagekapital anstelle eines Fonds, eine direkte Umsetzung im Rahmen eines Verwaltungsmandats mit spezifischen Vorgaben nicht zielführender ist.
Bei der Definition einer geeigneten Anlagestrategie sowie bei deren Umsetzung unterstützt ein professionelles Investment Controlling die Risiken transparent zu machen und fortlaufend zu kontrollieren. Damit kann gewährleistet werden, dass die verantwortlichen Personen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen und gleichzeitig die Anlageresultate optimiert werden.
Den vollständigen Artikel können Sie in der nächsten Ausgabe „Zeitschrift für Stiftungswesen“ lesen.
Mag. Stefan Kargl, Geschäftsführer der LMM Investment Controlling AG Niederlassung Österreich. Als unabhängiger und neutraler Partner unterstützt die LMM Investment Controlling AG private und institutionelle Anleger bei der Wahrung ihrer Interessen und steht ihnen mit einer objektiven Zweitmeinung zur Seite.
Mag. Manfred Wieland, ESIA (manfred.wieland@stiftung-nextgen.at): Gründer, Geschäftsführer der Plattform stiftung-nextgen und Director der LMM Investment Controlling AG. Als Stiftungsexperte in unterschiedlichen Funktionen beratend für Stiftungen tätig.