Für den gemeinnützigen Sektor in Österreich ist der 1. Jänner 2024 als Meilenstein in die Geschichte eingegangen: An diesem Tag trat die umfassendste Reform des Spenden-, Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrechts seit über 30 Jahren in Kraft – mit wesentlichen steuer- und verwaltungsrechtlichen Verbesserungen für alle gemeinnützig wirkenden Kräfte im Land.
Eckpfeiler der Ende 2023 parlamentarisch beschlossenen Reform ist die erstmals uneingeschränkte Spendenabsetzbarkeit für alle gemeinnützigen Zwecke. Fanden sich bisher nur rund 6.000 Organisationen auf der BMF-Liste spendenbegünstigter Einrichtungen – davon 4.500 Freiwillige Feuerwehren, so können laut Schätzung des Finanzministeriums künftig bis zu 45.000 Vereine, Stiftungen und gemeinnützige GmbHs vom Zugang zur Spendenabsetzbarkeit sowie den insgesamt deutlich verbesserten Rahmenbedingungen profitieren.
Die Forderung des Verbandes für gemeinnütziges Stiften, insbesondere der Förderung von Bildung und Schulen die Spendenbegünstigung zuzuerkennen, wurde umfassend erfüllt. Damit fällt auch eine über Jahre praktizierte, absurde Benachteiligung von Privatstiftungen, die Bildungsvereine, Schulen oder elementarpädagogische Einrichtungen unterstützen, weg. Diese mussten bisher 27,5% von ihrer gemeinnützigen Ausschüttung an Steuern abführen.
Neben dem Bildungssektor werden auch alle anderen gemeinwohlorientierten Zwecke ab 2024 gleichberechtigt behandelt: Die Spenden- und Stiftungsbegünstigung stellt nur mehr auf den gemeinnützigen Wirkungsbereich ab, womit endlich sämtliche Zuwendungen für den guten Zweck vor dem Gesetz gleich viel wert sind. Expertinnen und Experten rechnen damit, dass durch die Spendenabsetzbarkeit NEU weitere 250 Mio. Euro an privaten Mitteln jährlich mobilisiert werden können – zusätzlich zum Spendenaufkommen von zuletzt 1,1 Mrd. Euro (2022). Allein im Bildungsbereich werden zusätzliche Mittel in Höhe von 40-50 Mio. Euro erwartet.
Gemeinnützige Stiftungsvorstände profitieren ab dem Jahr 2024 von der neuen Freiwilligenpauschale. Damit kann eine Aufwandentschädigung steuerfrei bis 1.000,- Euro pro Jahr bzw. 30,- Euro pro Tag unkompliziert ausgezahlt werden.
Vor allem aber hält das Reformgesetz besonders attraktive Anreize für Stiftende bereit: Zuwendungen in das Kapital einer Stiftung waren bisher nur im Jahr der Zuwendung steuerlich absetzbar und überdies mit 10% des Einkommens oder des Jahresgewinnes bzw. maximal 500.000,- gedeckelt. Zukünftig können Zuwendungen über insgesamt zehn Jahre steuerlich gewinnmindernd eingesetzt werden, eine gesetzliche Obergrenze der Stiftungshöhe fällt weg. Um Stiftenden möglichst große Freiheiten für den wirkungsvollen Einsatz des Stiftungsvermögens zu geben, können diese einen längerfristigen Aufbau des Vermögens ebenso festgelegen wie neuerdings auch eine relativ zeitnahe Mittverwendung, was bei der Hilfestellung in akuten Notsituationen einen großen Vorteil darstellt. Zu beachten sind hierbei allerdings die Grenzen für das Mindestkapital bei einer Bundesstiftung.
Der Verband für gemeinnütziges Stiften erachtet diese neuen Rahmenbedingungen als den maßgeblichen Zukunftsschritt für eine starke Stiftungskultur in Österreich. Hatte schon die Reform 2015 die Rechte und Möglichkeiten von Stiftungsgründerinnen und -gründern deutlich gestärkt – beispielsweise können Stifterrechte seither vererbt werden – so hat der Gesetzgeber mit der Reform 2024 nochmals einen Quantensprung und damit das Aufschließen Österreichs an führende Philanthropie-Nationen möglich gemacht. Mit den vielfältigen, neuen Gestaltungsmöglichkeiten punktet der Stiftungsstandort mit attraktiveren Bedingungen als zum Beispiel in Deutschland. Beste Vorzeichen für eine starke Kultur des Gebens hierzulande! In Folge der Reform 2015 wurden bereits 110 neue Stiftungen ins Leben gerufen – 15% des gesamten Bestandes. Ein ähnlicher Boom wird in Folge des Gemeinnützigkeitspakets 2024 erwartet.
Dr. Günther Lutschinger, Verband für gemeinnütziges Stiften