Ob fortschreitende Demenz, ein plötzlicher Unfall oder eine schleichende Erkrankung – die Gründe für den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit einer Person können vielfältig sein. Unabhängig vom Alter kann es jeden von uns treffen und sei es nur, dass man bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert wird.
Hat man nicht vorsorglich geregelt, wer in diesem Fall seine Angelegenheiten und Geschäfte wahrnimmt, führt dies zur Bestellung eines sogenannten gerichtlichen Erwachsenenvertreters (früher Sachwalter genannt) durch das Pflegschaftsgericht. Damit sind jedoch einige Nachteile verbunden: Meist nimmt die Bestellung einen längeren Zeitraum in Anspruch, zahlreiche Geschäfte bedürfen der (oft langwierigen und mit Gutachtenskosten verbundenen) Genehmigung des Gerichts und für die Tätigkeit des Erwachsenenvertreters fallen oft Kosten an.
Sowohl für Privatpersonen, insbesondere aber auch für Unternehmer ist daher die rechtzeitige Vorsorge für den Fall des Verlust der Entscheidungsfähigkeit unbedingt zu empfehlen, um die rasche Handlungsfähigkeit im Sinne des Betroffenen sicherzustellen und das Unternehmen nicht durch Verzögerungen zu gefährden. Mit der Vorsorgevollmacht (geregelt in den §§ 260 ff ABGB) kann im Vorfeld selbstbestimmt festgelegt werden, wer in welchen Angelegenheiten als Vertreter tätig sein soll. Durch klare Aufträge kann der Vollmachtgeber sicherstellen, dass seine Geschäfte und auch seine privaten Angelegenheiten in seinem Sinne und zu seinem Wohle weiter geführt werden. Bei Eintritt des Vorsorgefalls kann die Vorsorgevollmacht kurzfristig und unbürokratisch als wirksam registriert werden, um die Handlungsfähigkeit de facto lückenlos aufrecht zu erhalten. Somit trägt die Vorsorgevollmacht maßgeblich zur Stabilität und zum Fortbestand des Unternehmens bei und schützt auch die Arbeitsplätze der Mitarbeiter. Verfügt man über eine Vorsorgevollmacht kommt es im Regelfall nicht zur Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters.
Errichtung und Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht
Eine Vorsorgevollmacht kann nur im Vollbesitz der geistigen Kräfte, höchstpersönlich und schriftlich vor einem Notar, Rechtsanwalt oder Erwachsenenschutzverein errichtet werden. Sind besondere Rechtskenntnisse erforderlich, insbesondere bei Unternehmen und Stiftungen, ist der Erwachsenenschutzverein von der Errichtung ausgeschlossen und bedarf es, wenn auch Liegenschaften betroffen sind, im Regelfall der Mitwirkung des Notars, weil das Grundbuchsgesetz die beglaubigte Unterschrift der Vollmacht erfordert.
Die Errichtung in der Form des Notariatsaktes als höchste Urkundsform bringt darüber hinaus den Vorteil mit sich, dass bei Verlust der Urkunde jederzeit eine Ausfertigung hergestellt werden kann, die als Original im Rechtverkehr verwendet werden können.
Wirksam wird die Vorsorgevollmacht erst dann, wenn die Entscheidungsunfähigkeit als Voraussetzung des Eintritts des Vorsorgefall ärztlich attestiert und die Wirksamkeit im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) eingetragen wird.
Was kann geregelt werden?
In der Vorsorgevollmacht kann detailliert festgelegt werden, in welchen Bereichen eine Bevollmächtigung erteilt wird. Entscheidungen über medizinische Maßnahmen und Heilbehandlungen sowie deren Unterlassung, Bestimmung des Wohnortes, Verfügungen über bewegliche wie unbewegliche Vermögenswerte, darunter auch alle Bankwerte, Postvollmacht, und die Ausübung von Stimmrechten in Gesellschafterversammlungen – der individuellen Gestaltungsfreiheit zur Anpassung an die konkrete Situation des Vorsorgevollmachtgebers sind kaum Grenzen gesetzt. Hierbei kann mittels detaillierter Aufträge sichergestellt werden, dass den Absichten und Wünschen des Betroffenen über seine Entscheidungsunfähigkeit hinaus, zum Durchbruch verholfen wird. Es besteht auch die Möglichkeit in bestimmten wichtigen Dingen die Vertretungsmacht auf das Vier-Augen-Prinzip einzuschränken.
Auch die Ausübung der Stifterrechte können Gegenstand der Vorsorgevollmacht sein, sofern in der Stiftungsurkunde dies nicht abweichend geregelt ist. Auch dazu bedarf es (zumindest einer beglaubigt) unterfertigten Vollmacht.
Es empfiehlt sich jedenfalls, die Vorsorgevollmacht als zweiseitigen Vertag auszugestalten, worin sich der Bevollmächtigte zur Übernahme der Geschäftsbesorgung unter Einhaltung der an ihn erteilten Aufträge verpflichtet.
Wer kann wen bevollmächtigen?
Nur Personen, die über eine ausreichende Geschäftsfähigkeit verfügen, können eine Vorsorgevollmacht errichten. Die Vorsorgevollmacht kann spiegelbildlich – sofern keine Ausschlussgründe des § 243 Abs 1 Z 2 ABGB jeder Person eingeräumt werden, die über eine ausreichende Geschäftsfähigkeit verfügt – mag dies nun die Lebensgefährtin, der Sohn oder der langjährige Geschäftspartner sein. Aus praktischer Sicht ist es jedoch entscheidend, dass zum einen ein grundlegendes Vertrauensverhältnis zwischen Vorsorgevollmachtgeber und Vorsorgebevollmächtigtem vorherrscht, weil trotz eingetretenen Vorsorgefalls die Wünsche des Vertretenen größtmöglich zu berücksichtigen sind. Bei komplexeren, rechtlich oder wirtschaftlich gar herausfordernden Angelegenheiten erscheint eine Person vor allem dann geeignet, wenn sie für den jeweiligen Regelungsbereich über entsprechende Kenntnisse verfügt.
Auch die Einsetzung mehrerer Bevollmächtigter, die entweder jeweils alleine oder nur gemeinsam handeln können bzw. die Einrichtung gegenseitiger Überwachungspflichten der Bevollmächtigt sind ebenfalls möglich: So kann beispielsweise die Ehegattin in persönlichen, der Rechtsanwalt des Vertrauens hingegen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten bevollmächtigt werden.
Im Falle des Verlusts der Einsichtsfähigkeit, ist mit der Vorsorgevollmacht nicht nur kurzfristig die Handlungsfähigkeit, die Kostenersparnis, das Fehlen der gerichtlichen Kontrolle und die nicht erforderlichem Veranlagung.
Wann erlischt die Vorsorgevollmacht?
Die Vorsorgevollmacht erlischt sowohl durch den Widerruf des Vollmachtgebers oder den Wegfall des Vorsorgefalls, sondern auch im Todesfall des Vollmachtgebers oder sämtlicher Bevollmächtigter. Korrespondierend zum Beginn der Wirksamkeit ist auch bei der Beendigung der VSV zum Teil – insbesondere beim Widerruf der Vorsorgevollmacht durch den Vollmachtgeber – vorgesehen, dass dieser erst bei entsprechender Eintragung in das ÖZVV Wirksamkeit entfaltelt.
Fazit:
Die Vorsorgevollmacht ist ein essenzielles Instrument der privaten und unternehmerischen Vorsorge. Sie ermöglicht es, im Fall einer Entscheidungsunfähigkeit die Kontrolle zu behalten und wichtige Entscheidungen durch eine vertrauensvolle Person treffen zu lassen. Sowohl Privatpersonen als auch Unternehmer sollten dieses Thema ernst nehmen und frühzeitig entsprechende Regelungen treffen, um im Ernstfall ihre Interessen zu sichern und unnötige langwierige und bürokratische Hürden zu vermeiden.
Der Autor:
Mag. Philipp Fiala ist öffentlicher Notar in Wels.
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