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Digitalisierung/Organisation

Der gute Vorstand

By 31. März 2023Februar 16th, 2024No Comments

Der Stiftungsvorstand ist eine verpflichtende Instanz bei der Gründung einer Stiftung und hat damit neben der Stifterfamilie eine gewichtige Position in einer Stiftung. Er verwaltet und vertritt die Privatstiftung und sorgt für die Erfüllung des Stiftungszwecks.

In vielen Stifterfamilien sehen wir den Übergang zu nächsten Generationen und damit auch eine neue Phase der Stiftungsführung, da die oft faktische Führung durch den Stifter nicht mehr in der gewohnten Form vorgenommen werden kann. Häufig sind Vorstände noch mit den Vertrauten und Freunden der Stiftergeneration besetzt, wonach auch in dieser Funktion es nun zu einem verstärkten Generationenwechsel kommt. Hier schlägt nun die Stunde des Stiftungsvorstandes, der die ihm zugedachte Verantwortung vollumfänglich übernimmt. Es wird nun verstärkt zu einem personellen Wechsel auf Vorstandsebene kommen und gleichzeitig wird sich auch das Profil des Stiftungsvorstandes vom Verwalter hin zum Manager verändern müssen.

Was müssen Menschen für die Position eines Stiftungsvorstandes mitbringen? Welche fachlichen und persönlichen Eigenschaften müssen Vorstände mitbringen?

Nähern wir uns diesem Thema vom Blickwinkel der Stifterfamilie – was will diese und wie kann der Stifterwille umgesetzt werden?

Üblicherweise hat eine Stiftung zwei grundsätzliche Ziele: einerseits soll sie der Versorgung der Familie dienen und andererseits sollte das Vermögen inklusive Unternehmensbeteiligungen bestmöglich bewirtschaftet werden. Nur das Verständnis für diese Zielsetzungen wird sich bei den einzelnen Stämmen und Generationen unterscheiden. Die Vorstände der Gegenwart und Zukunft tragen die Verantwortung, im Sinne der Stiftergeneration den Zweck der Stiftung und den Willen des Stifters umzusetzen; dies aber nicht mehr mit der Führung und Unterstützung des Stifters.

Aus diesem Grunde sollte man bei der Ernennung von Vorständen die fachlichen und auch die persönlichen Voraussetzungen definieren, die Vorstände vorweisen sollten.

Natürlich benötigt man auf der rein fachlichen Ebene Personen, die grundsätzliches Wissen über das Konstrukt Stiftung und auch über die zu bewirtschaftenden Vermögenswerte der Stiftung besitzen, wobei aber externe Unterstützung zur Erreichung des bestmöglichen Ergebnisses weiterhin möglich sein sollte. Abhängig von der thematischen Ausrichtung der Stiftung und ihrer Größe sind unterschiedliche Qualifikationen notwendig.

Etwas komplexer ist die Bewertung der persönlichen Voraussetzungen. Bei der Besetzung der Vorstände der ersten Generation war vor allem Vertrauen wichtig. Die Stifter beriefen ihre Vertrauten zu Vorständen. Vertrauen ist ein wesentliches Gut bei Familienstiftungen – auch in folgenden Generationen. Bei der Entwicklung und Weitergabe der Macht in der Stiftung wird die Besetzung mit Vertrauten nicht mehr so leicht möglich sein, denn bei mehreren Stämmen und Generationen wird man sich schwer auf eine Personen einigen können, der von allen Seiten entsprechendes Vertrauen entgegengebracht werden kann. Vertrauen kann aber erarbeitet werden, indem Transparenz gelebt und Kontrolle ermöglicht wird. Themen, die wir unter den Schlagworten controlling, governance und compliance kennen, werden an Relevanz gewinnen und das Management unterstützen.

Neben einer korrekten Arbeitsweise muss sich ein Vorstand Vertrauen auch noch durch Kommunikationsfähigkeit und Empathie erarbeiten. Das Verständnis für die einzelnen Generationen wird zukünftig gute Vorstände auszeichnen. Je klarer die Ideen und Handlungsanweisungen des Stifters jedoch vorhanden sind, desto leichter wie die Erfüllung der Stiftungsagenden für die Vorstände im Sinne des Stifterwillens sein. Ein Beispiel dafür, wie Vorständen ihr Wirken erleichtert werden kann, sieht man bei der TGW Future Privatstiftung. Auf ihrer Homepage (https://www.tgw-future.org/stiftungsvorstand/) wird dem Vorstand eine klare Handlungsvorgabe gegeben, was sich der Stifter erwartet (hat). So findet sich folgende Passage: Die Hauptverantwortung des Stiftungsvorstands ist es dafür zu sorgen, dass die Stiftungsphilosophie von Ludwig Szinicz durch die Verantwortlichen in den beiden Stiftungsbereichen TGW Logistics und TGW Future Wings umgesetzt wird. Selbstverständlich ist auch die Stiftungsphilosophie niedergeschrieben. Mit diesem klaren Hinweis auf die Stiftungsphilosophie hat der aktuelle und zukünftige Vorstand einen Wegweiser, wonach er sein Handeln auszurichten hat.

Das neue Anforderungsprofil für Stiftungsvorstände wird Managementfähigkeiten mit empathischen und kommunikativen Fähigkeiten kombinieren. In Summe wird dies zu einer Professionalisierung der Stiftungsarbeit führen.

Bei Stiftungen zeigt sich häufig das Problem der Nicht-Konkurrenz. Wenn ein Unternehmen nicht gut wirtschaftet, zeigen sich die Folgen sehr schnell und ein anderer Marktteilnehmer wird dessen Platz einnehmen. Eine Stiftung jedoch kann sehr lange im eigenen Saft schmoren, weswegen die Fähigkeit zur kritischen und konstruktiven Auseinandersetzung mit den Ergebnissen der Führung und Bewirtschaftung der Stiftung notwendig ist. Mut zur Kritik und auch Kritik zulassen, werden weitere Bausteine für ein erfolgreiches Stiftungsmanagement sein. Klare Zielsetzung, Evaluierung der Zielerreichung und Kontrollmechanismus sind Werkzeuge eines modernen Stiftungsmanagers. Es braucht Offenheit!

In jedem Fall brauchen Stiftungen Charaktere, die für Konstanz sorgen und auch die Zukunftsfähigkeit sichern. Ein moderner Vorstand hat Managementfunktion mit dem Verständnis für den Stifter und die Stifterfamilie zu kombinieren. Dies wird das Anforderungsprofil für Stiftungsvorstände der nächsten Generation sein.

Mag. Manfred Wieland, ESIA (manfred.wieland@stiftung-nextgen.at): Gründer, Geschäftsführer der Plattform stiftung-nextgen und Director der LMM Investment Controlling AG. Als Stiftungsexperte in unterschiedlichen Funktionen beratend für Stiftungen tätig.