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Steuer- und Zivilrecht

Aufteilung des Stiftungsvermögens im Falle der Ehescheidung?

Ausgangslage und Sachverhalt

Nach knapp 50 Jahre dauernder Ehe der Parteien wurde diese mit Urteil des Erstgerichtes aus dem Alleinverschulden des Mannes geschieden. Im Fokus der zu behandelnden Entscheidung stand der Umfang der Aufteilungsmasse im Falle der Ehescheidung. Zur Aufteilungsmasse gehörten diverse Liegenschaften, Wertpapiere, Bankguthaben, Fondsanteile, Darlehen und Lebensversicherungsverträge. Fraglich war, ob im Zuge der Aufteilung ehelichen Vermögens auch Beteiligungen des Mannes an Gesellschaften seiner Unternehmensgruppe sowie an eine Privatstiftung ausgeschüttete Gewinne zu berücksichtigen sind.

Zum Wesen der Privatstiftung

Die Privatstiftung wird durch eine Stiftungserklärung errichtet. Sie entsteht mit Eintragung in das Firmenbuch. Als juristische Person ist die Stiftung daher rechtsfähig und parteifähig. Ihre Rechtsfähigkeit ist unbeschränkbar. Nach § 1 PSG sind die Widmung von Vermögen, die Verfolgung eines erlaubten, vom Stifter bestimmten Zwecks und ihr Sitz im Inland, Wesenselemente der Privatstiftung.

Sie kennt weder Eigentümer, noch Mitglieder oder Gesellschafter. Dem eigentümerlosen Vermögen wird Rechtspersönlichkeit zuerkannt. Grundgedanke ist, dass mit einem eigentümerlosen Vermögen ein bestimmter Zweck besser, zielstrebiger und auch nachhaltiger erreicht werden könne.

Privatstiftungen dienen in der Regel dem Vermögenserhalt. Oft werden auch Unternehmen in Stiftungen eingebracht um die Zersplitterung derselben zu vermeiden und den Erhalt über Generationen zu sichern. Nicht selten befinden sich ganz erhebliche Teile des „Familienvermögens“ in einer Privatstiftung und stellt sich im Falle der Scheidung dann die Frage nach der Aufteilung des Vermögens.

Allgemeines zum Aufteilungsverfahren

Bei einer Scheidung werden das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse zwischen den Ehegatten aufgeteilt. Es kann sich dabei um unbewegliche und bewegliche Gegenstände handeln, die von beiden Partnern gebraucht wurden.

In Österreich unterliegen Unternehmen, Unternehmensanteile, und Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, grundsätzlich nicht dieser Aufteilung im Zuge eines Scheidungsverfahrens. Erträge aus einem Unternehmen, solange sie nicht ausgeschüttet werden, unterliegen ebenfalls nicht der Aufteilung.

Ausschüttung und Umwidmung

Erfolgt eine Ausschüttung oder auch „Umwidmung“ der Erträgnisse des Unternehmens (zB in eine Ferienimmobilie), so liegen der Aufteilung unterliegende, eheliche Ersparnisse oder eheliches Gebrauchsvermögen vor.

Unter diesem Gesichtspunkt hatte der OGH zu beurteilen, ob die jahrelang in der Privatstiftung angesparten Erträgnisse aus Unternehmensbeteiligungen bzw. Erträgnisse aus dem Verkauf dieser Beteiligungen wie eine Umwidmung zu ehelichen Ersparnissen zu betrachten sind und daher der nachehelichen Aufteilung unterliegen, wenn die Beteiligungen zuvor in eine Privatstiftung eingebracht wurden, die der geschiedene Ehegatte als Stifter (vor der Ehescheidung) errichtet hatte. Dies nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass diese Erträgnisse ohne die errichtete Privatstiftung als eheliche Ersparnisse womöglich der Aufteilung unterliegen würden. Nach § 91 EheG ist nämlich der Wert des Fehlenden, der Aufteilung hinzuzurechnen, sofern die ehelichen Ersparnisse bzw. das eheliche Gebrauchsvermögen durch einen der Ehegatten ohne Zustimmung des Anderen in einer Weise verringert worden ist, welche der Gestaltung der Lebensverhältnisse während der ehelichen Lebensgemeinschaft widerspricht.

Voraussetzung für diese Hinzurechnung nach § 91 EheG ist, dass die Verringerung der ehelichen Ersparnisse bzw. des ehelichen Gebrauchsvermögens nicht mehr als zwei Jahre vor Einbringung der Klage auf Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe erfolgt ist.

Im Anlassfall stand die Frau als Antragstellerin im Wesentlichen auf dem Standpunkt, bei einem Einflussrecht des Stifters auf die von ihm errichtete Stiftung müsse sich dieser nach 91 Abs 1 EheG so behandeln lassen, als wäre die Übertragung der Unternehmensbeteiligungen durch ihn an die Privatstiftung unterblieben. Denke man daher die Privatstiftung bzw. die Übertragung der Unternehmensbeteiligungen weg, so wären die in die Stiftung geflossenen Beteiligungserträge direkt an ihn selbst geflossen und würden der Aufteilung unterliegen. Da aber dieses Vermögen im Eigentum der Privatstiftung stehe, unterlägen als Surrogat für die, sonst unmittelbar der Aufteilung unterliegenden Vermögensgegenstände nunmehr die Gestaltungsrechte des Stifters der Aufteilung. Es sei ihr daher eine entsprechende Ermächtigung einzuräumen, die ihr eine Ausübung der Gestaltungsrechte des stiftenden Mannes – und damit eine Vermögensauskehr aus der Privatstiftung – ermögliche.

Der OGH folgte dieser Rechtsansicht aus den folgenden Gründen nicht:

Werden Vermögensgegenstände, insbesondere ein Unternehmen oder Unternehmensanteile, in eine Privatstiftung eingebracht, stehen sie nicht mehr im Eigentum eines der Ehepartner; vielmehr ist die Privatstiftung, an der ja keine Anteile bestehen, selbst Eigentümerin. Grundsätzlich können die vermögensrechtlichen Folgen einer Scheidung durch den Transfer von der Aufteilung unterliegenden Vermögenswerten in eine Privatstiftung aber nicht vereitelt werden.

Nach § 82 Abs 1 Z 3 und Z 4 EheG unterliegen Sachen, die zu einem Unternehmen gehören oder Anteile an einem Unternehmen, sofern sie nicht bloße Wertanlagen sind, nicht der Aufteilung. Kann mit der Unternehmensbeteiligung keine Mitwirkung an der Unternehmensführung oder sonst ein maßgeblicher Einfluss auf das Unternehmen ausgeübt werden, so ist sie als bloße Wertanlage zu qualifizieren und unterliegt der Aufteilung.

Im gegenständlichen Fall hat der unternehmerisch tätige Mann „nur“ Unternehmen bzw. Unternehmensanteile und keine Erträge in die Privatstiftung eingebracht. Die Erträge daraus wurden direkt an die Privatstiftung ausbezahlt. In diese Unternehmen bzw. in diese Unternehmensanteile sind keine ehelichen Ersparnisse zur Gründung oder zur Finanzierung geflossen. Der Unternehmer brachte jedoch, ohne Einverständnis der Frau, eine Million ATS aus ehelichen Ersparnissen in die Stiftung ein. Diese „Stiftermillion“ wurde in die Aufteilungsmasse einbezogen. Der OGH stellte fest, dass die vorstehend genannten Unternehmen und Unternehmensanteile auch ohne das Bestehen der verfahrensgegenständlichen Privatstiftung von der Aufteilung ausgenommen wären, da die Erträge eines Unternehmens grundsätzlich unternehmenszugehörig sind und erst mit der Umwandlung in Gebrauchsvermögen oder mit der Umwidmung in Ersparnisse zu, der Aufteilungsmasse unterliegendem, Vermögen werden. Man könne eine solche Umwidmung dort sehen, wo Unternehmen Erträge an die Privatstiftung ausschütten, und die Erträge dort angespart werden, ohne wieder in Anteile an Unternehmen oder Sachen, die zu einem Unternehmen gehören, zu reinvestieren. Eine solche Umgehungsabsicht käme in Betracht, wenn sich der Stifter das Recht auf Änderung und das Recht auf Widerruf vorbehalten hätte, da er sich dann das Stiftungsvermögen wieder selbst zueignen könnte.

Trotz Vorliegens dieser Vorbehalte im Anlassfall, hat der OGH eine solche Umgehungsabsicht nicht festgestellt, da der Mann aufgrund seiner „Unternehmensphilosophie“ die Erträge auch ohne Privatstiftung ohnedies nicht zu privaten Zwecken umgewidmet hätte und sie in den jeweiligen Unternehmen gelassen bzw. reinvestiert hätte. Bereits die Vorinstanzen hatten festgestellt, dass der Beklagte, genauso wie sein Vater, eine Philosophie der Thesaurierung und Reinvestition der Unternehmensgewinne verfolgte und nur, im Vergleich „geringe Beträge“, zur Ausschüttung brachte.

Der OGH sah es daher als erwiesen an, dass der Beklagte auch ohne Bestehen der Privatstiftung die Erträge „seiner“ Gesellschaften nicht in aufteilungsfähige eheliche Ersparnisse umgewandelt hätte.

Wäre diese Feststellung nicht ergangen, so wäre die Aufteilung des Stiftungsvermögens durchaus geboten gewesen.

Fazit

Bei einer Scheidung werden das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse zwischen den Ehegatten aufgeteilt. Unternehmen, Unternehmensanteile, und Sachen, die zu einem Unternehmen gehören sowie Erträge aus einem Unternehmen, solange sie nicht ausgeschüttet werden, unterliegen nicht der Aufteilung.

Die vermögensrechtlichen Folgen einer Scheidung können durch den Transfer von der Aufteilung unterliegenden Vermögenswerten in eine Privatstiftung grundsätzlich nicht vereitelt werden. Eheliche Ersparnisse und eheliches Gebrauchsvermögen sind im Zuge der nachehelichen Aufteilung gemäß § 91 Abs 1 EheG auch dann zu berücksichtigen, wenn diese zwei Jahre vor der Ehescheidung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten in eine Privatstiftung eingebracht wurden.

Unter bestimmten Voraussetzungen und im konkreten Anlassfall, unterliegen Vermögenswerte, die in eine Privatstiftung vor der Ehescheidung eingebracht werden, nicht der Aufteilung und zwar selbst dann, wenn sich der Stifter wesentliche Gestaltungsrechte (Änderungs- und/oder Widerrufsrecht) vorbehalten hat. Es ist dabei insbesondere der Stiftungszweck aber auch der Zeitpunkt der Einbringung des Vermögens in die Stiftung sowie auch hier gegenständlich das – offenbar ausreichend bewiesene – historische Verhalten des Stifters (fast vollständige Thesaurierung) maßgeblich.

Das Stiftungsteam von Hasch und Partner Rechtsanwälte GmbH verfasste diesen Beitrag. Das Team setzt sich aus DDr. Alexander Hasch, Mag. Johannes Wolfgruber, Mag. Maximilian Hofmaninger und Mag. Christoph Jocher zusammen.