Wie aktuelle Anlassfälle zeigen, ist die Frage der vorzeitigen Abberufung des Stiftungsvorstandes ein Thema, das gerade Stifter oder den Stiftern nachfolgende Begünstigte in hohem Maße beschäftigt.
Insbesondere die Tatsache, dass Abberufungsrechte nur sehr eingeschränkt bestehen oder eingeräumt werden können, führen bei vielen Beteiligten zu allgemeinem Unverständnis.
Auf der anderen Seite sehen sich Stiftungsvorstände, die noch von der Vorgängergeneration – etwa einem Erststifter – bestellt wurden, nach dem Wegfall dieser Generation oftmals den Abberufungsversuchen der nachfolgenden Generation, die nunmehr ihre – oft finanziellen -Interessen durchsetzen möchte, ausgesetzt. Dabei steht meist der Vorwurf der groben Pflichtverletzung im Raum, der oftmals zu relativ aufwändigen gerichtlichen Verfahren, die nicht nur dem Ansehen der Vorstandsmitglieder, sondern vor allem der Stiftung selbst und ihrem Reinvermögen erheblich schaden können, führen.
Im Folgenden werden die gesetzlichen Grundlagen der vorzeitigen Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstandes dargestellt.
Wann kann der Stiftungsvorstand abberufen werden?
Regelungen über die Abberufung des Stiftungsvorstandes gehören nicht zum gesetzlich zwingenden Regelungsinhalt der Stiftungserklärung. Es ist sohin durchaus möglich und auch keineswegs ungewöhnlich, dass Stiftungserklärungen keine näheren Regelungen über die Abberufung des Stiftungsvorstandes beinhalten.
Ist dies der Fall, kommt die gesetzliche Regelung des § 27 Abs 2 PSG zum Zuge, wonach für die Abberufung des Stiftungsvorstandes ausschließlich das Gericht zuständig ist.
Wesentliches Erfordernis einer solchen gerichtlichen Abberufung, unabhängig davon, ob diese von Amts wegen oder auf Antrag erfolgt, ist allerdings das Vorliegen eines wichtigen Abberufungsgrundes.
Das Privatstiftungsgesetz nennt als wichtige Gründe für eine Abberufung ausdrücklich:
- eine grobe Pflichtverletzung
- die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgabe
- die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Mitglieds, die Abweisung eines solchen Insolvenzverfahrens mangels kostendeckenden Vermögens sowie die mehrfache Exekution in dessen Vermögen.
Der erste wichtige Grund, die grobe Pflichtverletzung, ist im Privatstiftungsgesetz nicht näher definiert. Jedoch findet sich der Begriff der groben Pflichtverletzung nicht nur im Privatstiftungsgesetz, sondern auch in vielen anderen Gesetzen, aufgrund derer sodann die grobe Pflichtverletzung durchaus ausgelegt werden kann.
Hinsichtlich der Pflichten, welche ein Vorstandsmitglied verletzen kann, kommen jedenfalls sämtliche, dem Stiftungsvorstand gesetzlich oder durch die Stiftungserklärung auferlegten Verpflichtungen, die bereits sehr umfassend sind, in Frage. So sind etwa – beispielhaft – die ausdrücklich normierten Pflichten der Zuwendungssperre des § 17 Abs 2 S 2 PSG, die Einhaltung eines allfälligen Mindestvermögensstandes gemäß § 9 Abs 2 Z 11 PSG, die ordnungsgemäße Rechnungslegung gemäß § 18 PSG, die Erteilung von Auskünften an Begünstigte gemäß § 30 PSG oder die Fassung eines Auflösungsbeschlusses bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gemäß § 35 Abs 2 PSG, zu nennen.
Darüber hinaus eignen sich natürlich sämtliche dem Stiftungsvorstand auferlegte Pflichten, die sich aus der Pflicht zur Erfüllung des Stiftungszwecks ergeben, wie etwa die Pflicht zur Vornahme von Zuwendungen an Begünstigte, wenn diese bereits einen Zuwendungsanspruch erworben haben, oder die Pflicht zur Erteilung von Auskünften an weitere Organe im Sinne des § 14 Abs 2 PSG, wenn diesen ein Auskunftsrecht zukommt, bei Verstößen dazu, Pflichtverletzungen herbeizuführen.
Weiters dürfte aufgrund der Rechtsprechung unstrittig sein, dass der Abschluss eines zustimmungspflichtigen In-Sich-Geschäftes im Sinne des § 17 Abs 5 PSG, ohne Einholung der erforderlichen Zustimmung, regelmäßig eine – in aller Regel auch grobe – Pflichtverletzung darstellt.
Im Gegensatz zur groben Pflichtverletzung setzt der zweite ausdrücklich normierte Abberufungsgrund, die Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben, kein Verschulden voraus und es ist hiebei auch irrelevant, ob die Unfähigkeit auf rechtlichen oder tatsächlichen Umständen beruht.
Die Beurteilung der Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben stellt, noch vielmehr als die Frage der groben Pflichtverletzung, eine einzelfallbezogene Prüfung dar und es bestehen noch kaum höchstgerichtliche Entscheidungen, die allgemein gültige Schlüsse zulassen würden.
So hat der OGH zwar festgehalten, dass etwa die Verhängung der Untersuchungshaft über ein Mitglied des Stiftungsvorstandes, ungeachtet der Unschuldsvermutung, die Fähigkeit zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben unterbinden kann, dies allerdings erst bei längerer Dauer der Untersuchungshaft, wobei der OGH die erforderliche Dauer nicht näher präzisiert hat.
Zweifellos wird auch der Verlust der Geschäftsfähigkeit auf Dauer oder für einen längeren Zeitraum zur Verwirklichung dieses Abberufungsgrundes führen. Die bloße Ortsabwesenheit des Stiftungsvorstandes hingegen, etwa bei längerem Auslandsaufenthalt, muss – gerade angesichts des heute zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten – nicht zwangsläufig zur Folge haben, dass die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben nicht mehr möglich ist, vielmehr wird es hier auf die konkreten Aufgaben und deren Anforderungen, sohin wiederum auf den Einzelfall, ankommen.
Der Abberufungsgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellt sich ziemlich offensichtlich und konkret dar. Komplexer wird die Sache hierbei aber mit dem Begriff der mehrfachen Exekution in das Vermögen des Vorstands. Ab wann eine mehrfache erfolglose Exekution ins Vermögen des Vorstandes vorliegt ist bis dato noch offen.
Bei den wichtigen Gründen gemäß § 27 Abs 2 PSG handelt es sich jedoch nicht um eine abschließende Aufzählung der in Frage kommenden Gründe. Ein wichtiger Grund kann nämlich auch jedweder Grund sein, aufgrund dessen das Bestehen und Funktionieren der Stiftung und die Erfüllung des Stiftungszweckes für die Zukunft gefährdet ist. Dazu können zB mehrere, im Einzelnen nicht grobe Pflichtverletzungen gehören (vgl. Arnold in PSG3, § 27 Rz 225). Hier steht potentiell noch ein weites Feld offen, zumal noch viele Rechtsfragen ungeklärt sind.
Wer kann den Stiftungsvorstand abberufen?
Die Einleitung des gerichtlichen Abberufungsverfahrens erfolgt entweder von Amts wegen, wenn dem Gericht auf andere Art als durch entsprechende Antragstellung ein Abberufungsgrund bekannt wird oder sonst auf Antrag durch eine berechtigte Person.
Nach der oberstgerichtlichen Rechtsprechung können all jene Personen, denen ein rechtliches Interesse am ordnungsgemäßen Funktionieren der Stiftung zukommt (dies sind neben den Begünstigten in erster Linie die Stiftungsorgane und deren Mitglieder) im Verfahren Parteistellung einnehmen und sind auch zum Antrag auf Abberufung legitimiert.
Wie der Oberste Gerichtshof weiters klargestellt hat, steht auch einzelnen Mitgliedern von Stiftungsorganen die Parteistellung und sohin die Antragslegitimation zu.
Präventive Maßnahmen
Daneben besteht aber auch die Möglichkeit Regelungen über die Abberufung des Stiftungsvorstandes in die Stiftungserklärung aufzunehmen und so einerseits die Abberufungsgründe zu erweitern, wobei auch sachliche und objektive Gründe, die ansonsten keine wichtigen Gründe darstellen würden, erfasst werden können und andererseits etwa Beiräten, Begünstigten oder direkt dem Stifter Einflußnahmemöglichkeiten auf den Vorstand einzuräumen.
Zu beachten ist dabei jedoch Folgendes:
Bei einer Beschlussfassung durch ein Organ ist zu beachten, dass bei jeder Abberufungsentscheidung entweder eine Dreiviertelmehrheit (wenn das Organ mindestens vier Mitglieder hat) oder Stimmeneinhelligkeit (wenn das Organ weniger als vier Mitglieder hat) gesetzlich gefordert ist.
Soll aber darüber hinaus diese Abberufung aus einem anderen als den in § 27 Abs 2 Z 1 bis 3 PSG normierten Abberufungsgründen, sohin aus einem anderen wichtigen oder in der Stiftungserklärung festgelegten Grund erfolgen, so darf Begünstigen oder begünstigtennahen Personen bei dieser Entscheidung nicht die Mehrheit der Stimmen zustehen.
Damit können einem begünstigtendominierten Beirat oder aber auch einem (begünstigten) Stifter neben Kontrollrechten gegenüber dem Vorstand auch Abberufungsbefugnisse eingeräumt werden. Nur für den Fall der Abberufung aus anderen als den gesetzlich normierten Abberufungsgründen hat der Gesetzgeber eine Einschränkung dahingehend vorgesehen, dass hier der Begünstigteneinfluss nicht überschießend sein darf, dem oder den Begünstigten sohin nicht die Mehrheit der Stimmrechte bei dieser Entscheidung eingeräumt werden darf.
Letztlich bleibt anzuraten, die Stiftungserklärung – unter Beiziehung von Experten – dahingehend zu verfassen, dass auch für die zukünftigen Generationen Gestaltungsrechte im Hinblick auf die Bestellung des Stiftungsvorstandes möglich sind, damit diese – sofern gewünscht – zumindest ab jenem Zeitpunkt, ab dem die betreffende Generation begünstigt oder der Stifter verstorben ist, eine gewisse Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Vorstandes haben kann, um allfälligen Interessenskonflikten vorsorglich zu begegnen.
Die HASCH & PARTNER Anwaltsgesellschaft mbH ist eine angesehene österreichische Anwaltssozietät mit Büros in Wien, Linz, Prag, Budweis, Bratislava, Zagreb und Novi Sad. Die gelebte Philosophie basiert auf dem Bild des modernen, dynamischen Wirtschaftsanwalts. Partner der Kanzlei fungieren als Aufsichtsratsmitglieder ebenso wie als Vorstandsmitglieder in zahlreichen Privatstiftungen.
Rechtsanwalt und Univ.-Lektor DDr. Alexander Hasch ist Gründer der Kanzlei und gilt als ausgewiesener Experte in Umgründungsfragen einschließlich Finanzierungsaspekten, ebenso bei Einsatzmöglichkeiten und Gestaltungsfragen im Hinblick auf Privatstiftungen. Alexander Hasch ist als Aufsichtsrat und in zahlreichen Privatstiftungen als Stiftungsvorstand vertreten.