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Steuer- und ZivilrechtVermögen in der Stiftung

Sind Privatstiftungen bei Scheidungen unantastbar?

Im Scheidungsverfahren sind vermögensrechtliche Fragen oft ein zentraler Punkt der Auseinandersetzung. So mancher Ehepartner versucht, sein Vermögen durch Einbringung in eine Privatstiftung vor der Aufteilung zu schützen. Aber geht diese Rechnung auf? Sind Vermögenswerte in Privatstiftungen tatsächlich im redensartlichen Leo – also unantastbar, vom Aufteilungsprozess bei einer Scheidung ausgenommen?

Der Grundgedanke der Stiftung

Die Errichtung einer Privatstiftung ist wesentlicher Bestandteil der strategischen Vermögensverwaltung. Ihr Hauptzweck ist oft die nachhaltige Sicherung von Vermögen für nachfolgende Generationen und der Schutz des Vermögens vor externen Einflüssen wie etwa familiären Streitigkeiten oder wirtschaftlichen Schwankungen.

Die Privatstiftung schützt Vermögen in turbulenten Zeiten. Das macht sie auch für die Ausnahmesituation einer Ehescheidung interessant.

Mit der Einbringung von Vermögenswerten wie z.B. Liegenschaften in eine Privatstiftung überträgt der Stifter sein Eigentumsrecht. Das Vermögen gehört fortan der Stiftung, deren Vorstand es widmungsgemäß, im Sinne des statutarischen Stiftungszweckes zu verwalten hat.  Vermögenswerte, die ein Ehegatte in eine Privatstiftung eingebracht hat, unterliegen daher bei Ehescheidung als Vermögen „Dritter“ grundsätzlich nicht der Aufteilung. Dieses Prinzip steht jedoch unter einer wesentlichen Einschränkung.

Nach dem österreichischen Gesetz (§ 91 Abs 1 EheG) darf niemand kurz vor der Scheidung das eheliche Vermögen eigenmächtig in einer Weise verringern, die dem Partner schadet. Das betrifft auch die Einbringung von Vermögen in eine Privatstiftung. Demnach ist es den Ehegatten untersagt, innerhalb von zwei Jahren vor der Scheidung ohne Einverständnis des jeweils anderen Vermögen in eine Stiftung einzubringen, soweit dies den üblichen Lebensverhältnissen des Paares widerspricht. Die Regelung zielt darauf ab, eine gerechte Aufteilung des während der Ehe angesammelten Vermögens zu gewährleisten, und soll verhindern, dass ein Ehepartner durch die Gründung einer Privatstiftung Vermögen vor der nachehelichen Aufteilung schützt.

Wichtig: Die Zweijahresfrist beginnt nicht zwingend bereits mit dem Eigentumsübergang. Es kommt vielmehr ganz entscheidend auch darauf an, ob der Stifter sich bestimmte Einfluss- und Verfügungsrechte, z.B. das Recht auf Änderung der Stiftungsurkunde oder ein Widerrufsrecht, vorbehalten hat. Nach der sogenannten Vermögensopfer-Theorie ist das Vermögen nur dann als vollständig übertragen anzusehen, wenn dem Stifter solche Rechte nicht (bzw. nicht mehr) zukommen. Sollte ein Ehepartner das alleinige Änderungs- oder Auflösungsrecht an der Stiftung haben und davon zum Nachteil des anderen Gebrauch machen, dann kann der benachteiligte Partner fristunabhängig gegen die unzulässige Schmälerung des ehelichen Gebrauchsvermögens vorgehen.

Festzuhalten ist auch, dass zwar das Eigentum Dritter grundsätzlich – mit der dargestellten Einschränkung – nicht der Aufteilung im Scheidungsverfahren unterliegt, dass aber sehr wohl z.B. etwaige vom Stifter vorbehaltene Widerrufsrechte verwertet werden können, um Ansprüche des Ehegatten im Aufteilungsverfahren zu befriedigen.

Gemeinsam errichtete Privatstiftungen

Auch wenn ein Ehegatte die Stiftung während aufrechter Ehe mit Zustimmung des anderen – oder sogar gemeinsam mit ihm als Mitstifter – errichtet hat, ist keineswegs ausgeschlossen, dass das Gericht im Scheidungsfall von einer unzulässigen Schmälerung des ehelichen Vermögens ausgeht. Für die Frage der Berücksichtigung im Aufteilungsverfahren kommt es nämlich darauf an, ob das Einverständnis des Ehegatten sich nicht bloß auf die Stiftungserrichtung, sondern auf das Vermögensopfer, also auf die endgültige Vermögensverringerung bezog. Dies wird typischerweise dann zu verneinen sein, wenn dem Stifter das alleinige Änderungs- oder Widerrufsrecht zukommt, denn unter diesen Umständen hat der Stifter es ja in der Hand, nachträglich Verfügungen zulasten des anderen zu treffen, z.B. etwaige dem Ehegatten eingeräumte Begünstigungen rückgängig zu machen. Entledigt der Stifter sich hingegen bereits bei der Stiftungserrichtung unabänderlich seines Vermögens und stimmt der Ehegatte dem zu, dann scheidet das gestiftete Vermögen aus der Aufteilung bei Ehescheidung aus.

Folgen der unzulässigen Vermögensübertragung

Wenn das Gericht entscheidet, dass die Einbringung von Vermögen in eine Stiftung das eheliche Gebrauchsvermögen unzulässigerweise geschmälert hat, wird der Wert dieses Vermögens in die Aufteilung bei Scheidung einbezogen. Dies geschieht auf der Grundlage einer fiktiven Annahme, weil ja das Eigentum zu diesem Zeitpunkt der Stiftung und nicht mehr dem Stifter zukommt. Der Ehegatte, der die Stiftung eingerichtet hat, wird so behandelt, als besäße er das Vermögen noch, und hat daher eine Ausgleichszahlung an den benachteiligten Ehepartner zu leisten.

Die Ausgleichszahlung kann notfalls durch den Verkauf von Vermögenswerten finanziert werden. Dabei kommt das Surrogationsprinzip zur Anwendung: Wenn das in die Stiftung eingebrachte Vermögen von der Stiftung inzwischen veräußert wurde, dann ist für die Bewertung der Ausgleichszahlung im Rahmen des Aufteilungsverfahrens der Verkaufserlös anstelle des ursprünglichen Vermögens maßgeblich.

Unternehmen in der Privatstiftung

Unternehmerisches Vermögen, also Vermögen, das direkt mit der Führung oder dem Besitz eines Unternehmens verbunden ist, wird bei einer Scheidung in der Regel nicht aufgeteilt. Dies betrifft sowohl materielle Werte wie Immobilien und Betriebsmittel des Unternehmens als auch immaterielle Werte wie Firmenanteile oder Patente. Der Grund dafür ist, dass die Aufteilung solcher Vermögenswerte das Unternehmen selbst beeinträchtigen und zu wirtschaftlichen Nachteilen führen könnte. Daher bleibt unternehmerisches Vermögen meistens ausgenommen, um die Fortführung des Geschäftsbetriebs und die damit verbundenen Arbeitsplätze nicht zu gefährden.

Derselbe Grundsatz gilt, wenn ein Unternehmen in eine Stiftung eingebracht wird. Die Übertragung des Unternehmens in eine Stiftung bedeutet, dass es rechtlich nicht mehr als persönliches Eigentum eines der Ehepartner anzusehen ist, sondern als Teil des Stiftungsvermögens. Dies schützt das Unternehmen vor einer möglichen Aufteilung während des Scheidungsverfahrens. Hauptzweck ist, die Kontinuität und Stabilität des Unternehmens zu gewährleisten. Das Unternehmen bleibt als Ganzes unberührt und kann unabhängig von den privaten Veränderungen der Ehepartner weitergeführt werden.

Die Regel gilt allerdings nicht, wenn Unternehmensanteile lediglich als Anlageobjekte dienen, wenn also die Beteiligten keine aktive Rolle in der Unternehmensführung spielen oder keinen wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen haben.

Die Frage, ob bestimmte Unternehmen oder Unternehmensanteile von der Aufteilung im Zuge einer Scheidung ausgenommen sind, muss immer nach den Umständen des Einzelfall beurteilt werden. Das bringt oft schwierige rechtliche Abgrenzungsfragen mit sich.

Vorsorge statt Rosenkrieg

Kurzfristige, aus der Not geborene vermögensrechtliche Dispositionen in der Ehekrise bzw. im Vorfeld der sich bereits abzeichnenden Scheidung stehen mitunter auf wackeligen Beinen und haben oft jahrelange, erbitterte Rosenkriege vor Gericht zur Folge. Wie immer in Ehesachen empfiehlt es sich besonders auch im Zusammenhang mit der Einbringung von Vermögen in Stiftungen, bereits in guten Zeiten qualifizierte Rechtsberatung einzuholen und die Dinge mit Weitblick per Ehevertrag zu regeln.

Valentina Philadelphy-Steiner ist Rechtsanwältin und auf die Bereiche Familienrecht, Immobilienrecht und Nachlassplanung spezialisiert. Das Private Wealth & Family Business Service ihrer Wiener Kanzlei umfasst u.a. Beratung zur Vermögensaufteilung und -weitergabe bei Trennungen, Todesfällen und Betriebsübergaben.