Stiftungsumfrage in der Schweiz:
Die Mitglieder der SwissFoundations haben sich bereits zum vierten Mal in Form einer detaillierten, anonymisierten Umfrage am Benchmark Report Schweizer Stiftungen beteiligt (https://www.swissfoundations.ch/aktuell/benchmark-report-2019/). Der frisch publizierte Report 2019 betrachtet das Jahr 2018 und beinhaltet die Angaben von 34 Schweizer Förderstiftungen von unterschiedlicher Vermögensgrösse und einem Gesamtvermögen von rund CHF 12.7 Milliarden.
Mit dieser Studie möchte man aufzeigen, wie sich Vermögenswerte Schweizer Stiftungen zusammensetzen – mit spannenden Ergebnissen:
Interessant ist auch der Aspekt, dass das Thema Nachhaltigkeit nun vermehrt Einzug hält im Schweizer Stiftungswesen. Nachhaltigkeit als aufstrebendes Anlagekriterium!
«Sustainability» ist schon lange kein bloßes Trendwort mehr, sondern ist auch zunehmend ein berücksichtigtes Kriterium bei der Vermögensanlage. Im Jahr 2018 haben mehr als die Hälfte der teilnehmenden Stiftungen Nachhaltigkeit in irgendeiner Form berücksichtigt. Am häufigsten hat man dabei nachhaltige Anlageentscheide auf Negativkriterien gestützt. Dabei erfolgt ein Ausschluss von Unternehmen aufgrund deren nicht-nachhaltiger Güter (z.B. Tabak) oder deren Verletzung internationaler Abkommen.
Wo liegen die Unterschiede in der Vermögensaufteilung zur österreichischen Stiftungslandschaft:
- Hoher Aktienanteil: Schweizer Stiftungen haben schon frühzeitiger und stärker auf das aktuelle Zinsniveau reagiert und haben den Aktienanteil zu Lasten von Anleihen erhöht, damit sie eine entsprechende Rendite erwirtschaften und über Dividenden laufende Erträge erzielen können.
- Nachhaltigkeit: wenn über 50 % der CH-Förderstiftungen nachhaltige Kriterien bei der Veranlagung berücksichtigen, kann man sicherlich sagen, dass dieser Aspekt eines Investments in der Schweizer Stiftungswelt angekommen ist. Dies ist sicherlich nicht nur dem Nachhaltigkeitsdenken geschuldet, sondern auch dem Faktum, dass nachhaltige Kriterien als zusätzliches Entscheidungskriterium bei der Titelauswahl das Rendite-/Risikoverhältnis verbessern können und somit positiv auf die Performance wirken.
Stiftungsfonds in Deutschland nach ESG Kriterien:
Auch bei Stiftungen in Deutschland ist ein steigendes und nicht zu unterschätzendes Interesse für das Thema „Nachhaltiges Investieren“ vorhanden. Allein in Deutschland hat sich in den vergangenen fünfzehn Jahren die Anzahl der Stiftungen auf über 22.270 verdoppelt – und das zieht ein entsprechendes Wachstum ihrer Anlagevolumina mit sich. Diese Institutionen haben schon sehr früh auf nachhaltige Anlagen gesetzt – auch weil es ihrer DNA als verantwortlicher Initiator gegenüber der Gesellschaft entspricht und sie damit etwas nachhaltig Positives bewirken wollen. Transparent zu sein und über Mittelherkunft und -verwendung zu informieren, ist nicht nur für die Stakeholder von Interesse. Reputationsrisiken können so vermieden werden. Zudem werden auch Impulse für eine nachhaltige Entwicklung des Finanzmarkts gesetzt.
Um den Anforderungen dieser Zielgruppe gerecht zu werden, sind am deutschen Markt auch zunehmend spezielle Stiftungsfonds verfügbar. Hierbei handelt es sich um Investmentfonds, die explizit für Stiftungen konzipiert wurden.
Als gutes Beispiel kann man hier den Stiftungsfonds von Hansen & Heinrich nennen. Der Fonds ist insbesondere an den Bedürfnissen von Stiftungen und gemeinnützigen Investoren ausgerichtet. Zwei strategische Anlageziele stehen beim Management des Fonds im Vordergrund: Die Erzielung laufender Erträge und dass der Fonds bei seinen Investitionsentscheidungen Kriterien der nachhaltigen Kapitalanlage berücksichtigt. In der Nachhaltigkeitsanalyse von Unternehmen, Ländern und Organisationen werden Umwelt- und Sozialkriterien berücksichtigt. Bei der Analyse für Unternehmen wird besonderes Augenmerk auf Produkte und Dienstleistungen, Corporate Governance und Business Ethics sowie Umweltmanagement und Öko-Effizienz gelegt. Bei der Länderanalyse stehen die Bereiche Institutionen und Politik, Sozialbedingungen, Infrastruktur, Umweltbestand und Umweltbelastungen im Fokus.
Das Besondere an diesem Fonds ist, dass er sich seit Herbst 2019 zusätzlich als einer der ersten Stiftungsfonds überhaupt von einem unabhängigen Controller, der LMM Investment Controlling, ein ESG-Rating erstellen lässt und sich somit gegenüber den Anlegern als zertifizierter Fonds positioniert. Dieses umfassende ESG-Controlling unterstützt bei der Definition geeigneter Kriterien, überwacht die Umsetzung der Anlagestrategie und ermöglicht mit aussagekräftigen Berichten eine akkurate Darstellung und Bewertung der Ergebnisse.
Fr. Melanie Kühlborn-Ebach, Geschäftsführerin der LMM Investment Controlling in Frankfurt, meint dazu: „Es liegt in der DNA einer gemeinnützigen Stiftung die ESG Kriterien einhalten zu wollen. So möchte man auf keinen Fall mit Waffen oder Kinderarbeit Rendite erwirtschaften. Ein unabhängiges ESG Reporting ist demzufolge ein wichtiges Tool um die Gegebenheiten in der Vermögensanlage transparent zu machen. So kann die Stiftung reagieren und gegebenenfalls einzelne Titel austauschen.“
Der Vorteil für Investoren ist offensichtlich.
Negativzinsen:
Letzte Woche gab es in der Schweiz einige Aufregung, da erste Kantonalbanken angekündigt haben, nun auch Negativzinsen bei privaten Sparern und Investoren zu verrechnen. Dies natürlich abhängig von der Kundenverbindung, mit anderen Worten, ob Einnahmen für das Kreditinstitut über andere Geschäftsbeziehungen mit dem Kunden möglich sind.
Negativzinsen sind auch in Deutschland kein Tabuthema mehr – auch hier verrechnen Banken teilweise bei Privatkunden Negativzinsen.
Wie sieht dies in Österreich aus? Natürlich stehen Banken unter Druck, da sie ja ihrerseits für Einlagen bei der EZB Zinsen zahlen müssen. Die EZB hat erst im September den Negativzinssatz für Einlagen von Banken auf -0.5% erhöht. Je geringer nun die Einnahmen aus anderen Geschäftsfeldern ausfallen, desto grösser ist der Druck, der aus diesem Bereich für Banken entsteht.
Was können bzw. müssen Sie machen? Über kurz oder lang wird es bei diesem Zinsniveau kaum noch Banken hier am Markt geben, die auf die aktuelle Situation nicht reagieren werden. Ein OGH Urteil schützt zwar den privaten Investor, aber die letzten Monate haben gezeigt, dass am Spesenrad gedreht wird. Damit ist gerade für Stiftungsvermögen eine unabhängige und professionelle Kontrolle unverzichtbar.
Die Entscheidung über die Höhe und Art der kurzfristigen Gelder ist eine strategische Entscheidung, die der Vorstand zu treffen hat. Dabei sind die Anforderungen aus dem Stiftungszweck, die gesamte Vermögensstruktur und das sich daraus ergebende Risikoprofil zu berücksichtigen. Im Rahmen der daraus abgeleiteten Vorgaben kann die Bank/der Vermögensverwalter auf taktischer Ebene (Produktauswahl) Lösungen suchen, um drohende Negativzinsen zu vermeiden.
Wenn man nun nochmal den Blick auf die durchschnittliche Aufteilung der Vermögenswerte der Schweizer Stiftungslandschaft lenkt und dies mit österreichischen Stiftungen vergleicht, dann sollte in vielen Fällen eine Diskussion über die strategische Ausrichtung auf die Tagesordnung der nächsten Stiftungssitzung kommen. So könnte das Drohen von Negativzinsen wichtige strategische Diskussionen anstossen und damit sogar noch einen positiven Effekt haben.
Auf einen weiteren Aspekt in diesem Zusammenhang möchte ich auch noch hinweisen: wenn Sie durch die neue strategische Ausrichtung Ihres Vermögens den Cashbestand reduzieren, reduzieren Sie auch das Risiko bei einem Zahlungsausfall der Bank. Depotfähige Vermögensbestände stellen Sondervermögen dar, das bei möglichen Zahlungsproblemen transferierbar und im Falle einer Insolvenz aussonderbar ist.
Abschließend ein paar persönliche Worte:
- Der Einzug von nachhaltigen Investments freut mich persönlich sehr. Dies nicht nur aus der Überzeugung, dass wir damit Verantwortung wahrnehmen, sondern auch deshalb, weil dadurch die Qualität der Investmententscheidung erhöht wird und damit die Qualität Ihres Depots. Durch meine Ausbildung zum European Sustainable Investment Advisor konnte ich gerade den zusätzlichen Nutzen der Erhöhung der Qualität bei jeder Investmententscheidung nachvollziehen und besser verstehen – ein Nutzen, der von großem Wert ist.
- Negativzinsen geben uns die Möglichkeit, die – häufig seit vielen Jahren – bestehende Anlagestrategie bzw. Vermögensstruktur zu überdenken. Ziehen Sie aber unbedingt bei diesem Prozess einen (banken-)unabhängigen Sparringpartner hinzu, der Sie versteht und der auch in weiterer Folge Ihre Interessen bei Gesprächen mit Banken/Vermögensverwaltern vertritt.
So Sie nach Lesen dieses Beitrages Fragen oder Wünsche haben, freue ich mich, von Ihnen zu hören!
Ihr Manfred Wieland
Mag. Manfred Wieland, TEP, ist Jurist und war viele Jahre im Private Banking beheimatet. Vor 5 Jahren gründete er die Plattform stiftung-nextgen, damit aktuelle Fragen rund um die Stiftungslandschaft von verschiedensten Perspektiven beleuchtet werden, auch von Praxis und Lehre.
Heute ist er in der Beratung und Betreuung von Privatstiftungen tätig und unterstützt bei der Modernisierung und Digitalisierung des Managements und unterstützt mit seinem Knowhow bei professionellen Investmentprozessen.
Die zusätzliche Ausbildung zum european sustainable investment advisor gibt ihm auch einen zusätzlichen Einblick in die Welt der nachhaltigen Investments.