Rechtsvergleichende Überlegungen zum Stiftungsrecht und zur Treuhandschaft
Die seit Jahren in Österreich angekündigten Überlegungen zur Erneuerung der österreichischen Privatstiftung im Stiftungs- und Steuerrecht, um dem internationalen Wettbewerb standhalten zu können, bleiben nach wie vor aus. Die österreichische Privatstiftung hat als Instrument der Vermögenssicherung nicht nur ihre ursprüngliche in den 90iger Jahren vorhandene steuerliche Attraktivität verloren, sondern mutiert auch in zivilrechtlicher Sicht angesichts einer rigiden Judikatur zum Thema „Einfluss der Familie auf ihr Familienvermögen in der Stiftung“ zu einem im wahrsten Sinn des Wortes „versteinerten“ Gebilde. Eine Judikatur, die grundsätzlich nicht überraschend ist, da die Stiftung nun einmal als selbständiges Rechtssubjekt organisiert ist und der oder die den Stifter, also beispielsweise vermögende Familienmitglieder durch Stiftung ihres Vermögens gewöhnlich jegliche Kontrolle darauf bewusst verloren haben. Außer sie haben sich entsprechende (Widerrufs-) Rechte in den Satzungen einräumen lassen. Werden solche Rechte ausgeübt, führt dies in der Regel zu steuerlichen Konsequenzen. Selbst die den Privatstiftungen in § 14 Abs. 3 KStG vorbehaltene Möglichkeit, die bei der Veräußerung von Gesellschaftsanteilen aufgedeckten stillen Reserven auf andere Beteiligungen zu übertragen, wurde vom VwGH – entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis – stark beschnitten.
Es darf daher nicht wundern, dass die immer wieder geschürte Befürchtung vor der Wiedereinführung von Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuern das Interesse an alternativen Möglichkeiten, Familienvermögen zusammenzuhalten, um es auch für nachfolgende Generationen als Einkunftsquelle abzusichern, drastisch steigert.
Die KPMG Austria erläutert dazu, dass Schätzungen zufolge im Ausland mehr als 10.000 Stiftungen bzw. Trusts existieren, die einen Österreichbezug aufweisen, sei es, dass Stifter oder Begünstigte die österreichische Staatsbürgerschaft, einen österreichischen Wohnsitz haben oder sich in den Stiftungen in Österreich (steuer-) belegenes Vermögen befindet. Das für internationale Steuerfälle im BM für Finanzen eingerichtete EAS (Express-Antwort-Service) zeigt im Verlauf seit 1993 ganz deutlich eine intensivierte Befassung des Bundesministeriums für Finanzen zur Einordnung ausländischer Trusts in das System des österreichischen Ertragssteuerrechts. Durch eine Anzahl von (höchstgerichtlichen) Erkenntnissen, sowie das Steuerabkommen zwischen Österreich und Liechtenstein, stehen inzwischen die Leitlinien zur Einordnung ausländischer Stiftungen in das österreichische Abgabenrecht fest. Durch den bereits in Kraft befindlichen internationalen Informationsaustausch mit Bankdaten sind bereits viele der ausländischen Rechtsträger in den Fokus der Finanzverwaltung gerückt.
Was ist nun ein Trust im Vergleich zu einer Stiftung nach österreichischem Recht und gibt es einen Schweizer Trust?
Aus österreichischer Sicht handelt es sich bei einem Trust zivilrechtlich um eine besondere Form der Treuhandschaft, bei der Vermögen an einen Treuhänder zugunsten des Begünstigens übertragen wird. Während der Treuhänder formal Eigentumsrechte an dem gewidmeten Vermögen innehat, werden auch dem Begünstigten bestimmte – den Treuhänder beschränkende – Eigentumsrechte zuerkannt. Ein Trust ist daher nach österreichischem Recht ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen dem Treugeber (engl.: Settlor) und dem Treuhänder (engl.: Trustee) mit gewissen Rechten und Pflichten, die zugunsten des Begünstigen (engl.: Beneficiary) vom Treuhänder auszuüben sind. Im Vergleich zur österreichischen Privatstiftung entsteht daher mit diesem Vertrag kein eigenes Rechtssubjekt wie die Österreichische Privatstiftung, sondern ein Treuhandverhältnis auf der Grundlage von einzelvertraglichen Bestimmungen. Historisch geschehen ist der Trust eine Rechtsform der dem „Common Law“ angehörigen Staaten, die ihren Ausgangspunkt im Großbritannien des Mittelalters gefunden hat. So konnten Franziskanermönche im 13. Jahrhundert ihr Armutsgelöbnis abgeben und im Wege solcher Trusts („Uses“) versorgt werden, indem Ländereien an Personen mit der Auflage übertragen wurden, diese zu Gunsten der Mönche zu verwalten und zu bewirtschaften. Durch die Kolonialisierung wurde der Trust gemeinsam mit dem Rechtssystem des Common Law in die Territorien des Britisch Commonwealth exportiert. Deshalb finden wir den Trust heute in vielen Steuerparadiesen mit Common Law Einfluss. Für den dem Common Law entstammenden Trust moderner Prägung gibt es daher im kontinentaleuropäischen Zivilrecht kein Äquivalent. Das einzige internationale Abkommen für Trusts, das Haager Übereinkommen über das auf Trusts anwendbare Recht und über ihre Anerkennung legt kollisionsrechtliche Bestimmungen über die jeweils auf Trusts anwendbare Rechtsordnung fest. Österreich ist als kontinentaleuropäischer Staat kein Signatarstaat dieses Abkommens, zumal auch dem österreichischen Zivilrecht der Common Law Trust fremd ist.
Trusts werden heute für verschiedene Zwecke zum Einsatz gebracht und dienen zumeist primär der Vermögensnachfolge und – sicherung bzw. der Abschirmung von Vermögenswerten und Einkommen von der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des Treugebers oder „Settlors“ und/oder der Begünstigten/„Beneficiaries“. Der zweifellos große Vorteil ist die weitgehende Vertragsfreiheit, mit der ein Treugeber/Settlor die Bedingungen für die Verwaltung des Familienvermögens festlegen kann. Diese Freiheiten führen andererseits aber auch dazu, dass Trusts mit Bezug zu Österreich hinsichtlich der auf sie und ihre Beteiligten anwendbaren steuerlichen Bedingungen mit großer Vorsicht zu betrachten sind.
Eine solche Inlandsanknüpfung liegt zum Beispiel vor, wenn der Settlor/Treugeber oder der Beneficiary/Begünstigte in Österreich ansässig oder der Trust auch in Österreich Einkünfte erwirtschaftet. Die österreichische Finanzverwaltung prüft in diesem Fall in einem mehrstufigen Verfahren, ob der ausländische Trust mit einer österreichischen Körperschaft vergleichbar und demnach sinngemäß in Österreich oder nur im Ausland zu besteuern ist, oder ob das Vermögen des Trust den dahinterstehenden Personen zuzurechnen ist und demnach bei diesen zu versteuern ist. Liegen beispielsweise umfangreiche Einflussrechte des Treugebers/Settlors vor, ist das Vermögen nach wie vor diesem zuzuordnen und daher in dessen Sphäre zu versteuern.
Die Schweiz hat einen interessanten Mittelweg gewählt, sie anerkennt als Signatarstaat des Haager Trust Übereinkommens (das auch Australien, China, Frankreich, Hongkong, Italien, Kanada, Liechtenstein, Luxemburg, Malta, Monaco, die Niederlande, Panama, San Marino, Großbritannien, USA und Zypern unterzeichnet haben) ausländische Trusts, hat aber nach einem langen Gesetzesprüfungsverfahren am 15. September 2023 im Bundesrat zu Kenntnis genommen, dass derzeit kein ausreichender politischer Konsens für die Einführung eines Trusts nach Schweizer Recht bestehe. Ein in der Schweiz ansässiger Settlor/Treugeber oder auch ein in der Schweiz ansässiger Beneficiary/Begünstigter eines ausländischen Trust muss daher nicht damit rechnen, dass ihm das Vermögen des Trust aus Sicht der Schweizer Finanzverwaltung im Besteuerungsweg zugerechnet wird, solange der Trust der Definition des Haager Trust Übereinkommen unterliegt.
Dieses definiert den Trust wie folgt:
“For the purposes of this Convention, the term „trust“ refers to the legal relationships created – inter vivos or on death – by a person, the settlor, when assets have been placed under the control of a trustee for the benefit of a beneficiary or for a specified purpose.
A trust has the following characteristics –
- a) the assets constitute a separate fund and are not a part of the trustee’s own estate;
- b) title to the trust assets stands in the name of the trustee or in the name of another person on behalf of the trustee;
- c) the trustee has the power and the duty, in respect of which he is accountable, to manage, employ or dispose of the assets in accordance with the terms of the trust and the special duties imposed upon him by law.
The reservation by the settlor of certain rights and powers, and the fact that the trustee may himself have rights as a beneficiary, are not necessarily inconsistent with the existence of a trust.”
Dementsprechend hält der Treuhänder in seinem Namen treuhändig für den Treugeber zugunsten der Begünstigten ein Vermögen und verwaltet dieses auf der Grundlage der im Treuhandvertrag festgelegten Bedingungen. Das Treuhandvermögen hat der Treuhänder von dem ihm selbst gehörigen Vermögen streng getrennt zu halten. Vorbehalte des Treugebers bezogen auf das Vermögen, beispielsweise das Recht auf Rückforderung des Vermögens aus der Treuhandschaft oder auch mögliche Begünstigungen des Treuhänders vermögen nach der Definition des Haager Trust Übereinkommens die Existenz des Trust nicht zu beeinträchtigen. Diese Definition zeigt in aller Deutlichkeit, warum Familienvermögen im Wege eines Trust flexibler und mit entsprechend möglicher Einflussnahme durch die Familie langfristig verwaltet werden können. Allerdings, was zivilrechtlich möglich ist, muss noch lange nicht steuerrechtlich optimal sein, wie die österreichische Rechtslage zum ausländischen Trust mit Österreichbezug im Steuerrecht zeigt.
Die Autorin:
Frau Dr. Alix Frank-Thomasser, Rechtsanwältin in Wien, berät seit mehr als 30 Jahren mit ihrem Team von Alix Frank Rechtsanwälte GmbH kleinere und größere Familienunternehmen in ihren unternehmensrechtlichen Belangen, aber auch in Fragen der Unternehmensnachfolge innerhalb und außerhalb der Familie und so auch bei der Gründung von Stiftungen, wie auch der Anpassung von Stiftungslösungen an aktuelle Gegebenheiten.
Tel: +43 01 5232727