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Einleitung:

Die Rufe nach vorgezogenen Wahlen in Österreich werden lauter und mit ihnen flammt die Debatte über mögliche zusätzliche Steuern erneut auf. In den letzten Wochen haben wir in zahlreichen Gesprächen immer wieder die Frage aufgegriffen, wie man sein Vermögen vor Zugriffen Dritter schützen kann. In dieser Diskussion rückt eine besonders spannende Option ins Rampenlicht, die durch das Steuerabkommen von 2014 zwischen Österreich und Liechtenstein an Attraktivität gewonnen hat: die Gründung einer Stiftung in Liechtenstein. Dabei spielt der richtige Zeitpunkt für die Stiftungsgründung eine entscheidende Rolle, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Hier tritt die Idee der Vorratsstiftung in den Vordergrund.

Angesichts der politischen Diskussionen erscheint die proaktive Suche nach Auswegen oder zumindest einer Minimierung der (Vermögen)Steuerbelastung sinnvoll. Im Folgenden soll die Gründung einer liechtensteinischen Stiftung (LI-Stiftung) auf „Vorrat“ als eine Alternative präsentiert werden.

Konzept der intransparenten, liechtensteinischen „Vorratsstiftung“:

Die Gründung einer LI-Stiftung auf Vorrat erfolgt durch Errichtung der Stiftungsstatuten, die alle notwendigen Bestimmungen für die Organisation und Funktionsweise der Stiftung enthalten. Dies betrifft den Stiftungszweck, die Vermögensausstattung, die Organisationsstruktur sowie die Verwaltung der Stiftung. Weiters sind die Stiftungsorgane (Stiftungsrat, freiwillige Organe wie Protektor oder Beirat) zu bestellen. Da die Stiftung zunächst nur auf Vorrat gegründet wird, genügt die Einzahlung des Mindestkapitals von CHF 30.000,00, EUR 30.000,00 oder USD 30.000,00.  Die tatsächliche Vermögensausstattung durch den Stifter und damit die aktive Nutzung der Stiftung kann zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Diese Vorgehensweise ermöglicht einen schnelleren Transfer von Vermögen (im Fall einer sich konkretisierenden Vermögensbesteuerung) in die steuerlich günstigere Umgebung der LI-Stiftung.

Steuerliche Rahmenbedingungen:

In Liechtenstein unterliegen Stiftungen einer Gründungsabgabe in Höhe von zwei Promille des statutarischen Kapitals, mindestens jedoch CHF 200,00 bei einer Freigrenze in Höhe von CHF 1 Mio. Spätere Zu- oder Nachstiftungen sind abgabenfrei, soweit sich das statutarische Kapital nicht erhöht. Sofern der Stifter steuerlich in Österreich ansässig ist und kein liechtensteinisches Vermögen überträgt, fällt für die Vermögensübertragung keine Widmungssteuer in Liechtenstein an.

Mit dem Steuerabkommen Österreich-Liechtenstein (Inkrafttreten 2014) haben sich die steuerlichen Rahmenbedingungen für die Errichtung liechtensteinischer Stiftungen durch Österreicher verbessert. Bei Erfüllung folgender im Abkommen geregelten Intransparenzkriterien wird eine LI-Stiftung von der österreichischen Finanzverwaltung als eigenes Steuersubjekt und damit als intransparent anerkannt:

  • Weder der Stifter noch ein Begünstigter sind im Stiftungsrat oder einem Gremium, dem Weisungsbefugnisse gegenüber dem Stiftungsrat zustehen.
  • Es besteht kein Abberufungsrecht des Stiftungsrats durch den Stifter, einen Begünstigten oder eine diesen nahestehende Person ohne wichtigen Grund.
  • Es gibt keinen ausdrücklichen oder konkludenter Mandatsvertrag

Dem Stiftungsrat muss auch tatsächlich die autonome Disposition über das Vermögen und die Einkünfte der Stiftung obliegen. Sind diese Kriterien erfüllt, wird das Stiftungsvermögen der Stiftung zugerechnet. Die daraus erzielten Einkünfte sind von ihr als eigenes Steuersubjekt zu versteuern. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, handelt es sich um eine transparente Stiftung. In diesem Fall werden dem Stifter weiterhin das Vermögen und die Einkünfte der Stiftung zugerechnet. Steuersubjekt bleibt so der Stifter. Die Vorratsstiftung sollte daher als intransparente Stiftung konzipiert werden.

Sofern der Stifter in Österreich ansässig ist, fällt bei der unentgeltlichen Übertragung von Vermögen auf eine intransparente LI-Stiftung in Österreich Stiftungseingangssteuer an. Grundstücke sind von der Stiftungseingangssteuer befreit, die Zuwendung inländischer Grundstücke unterliegt aber der Grunderwerbsteuer und der gerichtlichen Eintragungsgebühr.

Der Stiftungseingangssteuersatz für Vermögensübertragungen an intransparente LI-Stiftungen hängt von der Offenlegung der Stiftungsdokumente gegenüber der österreichischen Finanzverwaltung sowie der laufenden Besteuerung der Stiftung in Liechtenstein ab und beträgt je nach Konstellation 5%, 7,5% oder 10%. Unterliegt die Stiftung in Liechtenstein der ordentlichen Besteuerung von 12,5% und werden die Stiftungsdokumente der österreichischen Finanzverwaltung offengelegt, beträgt der Stiftungseingangssteuersatz 5%. Zu beachten ist, dass Gewinnanteile und Veräußerungsgewinne aus Beteiligungen von der laufenden Besteuerung in Liechtenstein ausgenommen sind. Wird die Stiftung in Liechtenstein pauschal mit CHF 1.800,00 pro Jahr besteuert und nicht offengelegt, fällt Stiftungseingangssteuer iHv 10% an.

Vor Errichtung der LI-Vorratsstiftung ist insbesondere zu erwägen, welches Vermögen später auf die Stiftung übertragen werden soll. Dabei sind mehrere Aspekte zu beachten. Die unentgeltliche Übertragung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, Wertpapieren (sofern es sich um Neuvermögen handelt) sowie „neu angeschafften“ Kryptowährungen unterliegt der sogenannten Wegzugsbesteuerung. Demnach hat der Stifter die Differenz zwischen dem aktuellen Verkehrswert und den steuerlichen Anschaffungskosten für das übertragene Vermögen zu versteuern. Bei natürlichen Personen beträgt der Einkommensteuersatz 27,5%. Auf Antrag ist eine Ratenzahlung möglich. Die Übertragung inländischer Grundstücke auf eine LI-Stiftung würde aufgrund des Inlandsbezugs zB auch keinen Schutz vor einer Vermögensteuer bieten. Für eine Übertragung eignen sich daher vor allem Barvermögen, Gold oder auch Kunstwerke.

Sollte der Stifter die Vorratsstiftung wider Erwarten nicht benötigen, bleibt zu prüfen, ob das gestiftete Mindestkapital nach Abdeckung allfälliger Verbindlichkeiten als Substanzauszahlung steuerneutral an den Stifter zurückübertragen werden kann.

Fazit:

Die Gründung einer liechtensteinischen „Vorratsstiftung“ bietet – unter den richtigen Voraussetzungen – eine gute Möglichkeit, sich auf die Einführung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer und/oder Vermögensteuer in Österreich vorzubereiten. Wesentlich für ihre Effektivität wird jedoch auch die genaue Ausgestaltung der gesetzlichen Grundlagen solcher Steuern in Österreich sein. Weiters sind auch die konkrete familiäre Situation und außersteuerliche Motive zu berücksichtigen. Steuerliche Aspekte sind bedeutsam, sollten aber nicht das Hauptmotiv für eine Stiftungsgründung sein.

Mag. Stefan Kulischek (stefan.kulischek@at.ey.com), Wirtschaftsprüfer und Steuerberater, ist Geschäftsführer bei Ernst & Young Österreich und verfügt über mehr als 20 Jahre Berufserfahrung in der steuerlichen Beratung von vermögenden Privatkunden. Er ist Mitglied in Stiftungsvorständen sowie Autor von Fachartikeln und Buchbeiträgen zu den Themenschwerpunkten Privatstiftungen und Vermögensveranlagung.

Christina Zwettler-Hirsch (christina.zwettler-hirsch@at.ey.com) ist Steuerberaterin bei Ernst & Young in Wien und im Bereich Business Tax Advisory tätig. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen in der laufenden Beratung nationaler Unternehmen sowie vermögender Privatpersonen. Zuvor war sie ua Universitätsassistentin und Projektmitarbeiterin am Institut für Finanzrecht der Universität Wien.

Mag. Manfred Wieland, ESIA (manfred.wieland@stiftung-nextgen.at): Gründer, Geschäftsführer der Plattform stiftung-nextgen und Director der LMM Investment Controlling AG. Als Stiftungsexperte in unterschiedlichen Funktionen beratend für Stiftungen tätig.