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Steuer- und Zivilrecht

Ausscheiden des Stifters oder Begünstigten – aus steuerrechtlicher Sicht

By 18. Februar 2022No Comments

Steuerliche Fragestellungen beim Verzicht eines Stifters oder Begünstigter einer Privatstiftung

Insbesondere seit dem OGH Urteil vom 3.8.2021, 8 Ob 101/20s zur Frage der Möglichkeit des „Ausscheidens“ aus dem Begünstigtenkreis finden sich diverse Kommentare und Literaturstellen zu den zivil- und stiftungsrechtlichen Auswirkungen beim Ausscheiden eines Begünstigten durch Verzicht auf seine Rechte.

Neben den zivilrechtlichen Rahmenbedingungen stellen sich, insbesondere bei vergleichbaren „entgeltlichen“ Konstellationen wie im genannten OGH Fall, auch wesentliche steuerliche Fragestellungen. Eingangs festzuhalten ist, dass diesem Thema bis dato steuerlich nur wenig Aufmerksamkeit gewidmet worden ist, da solche Konstellationen in der Praxis einfach bisher selten vorgekommen sind. Das Thema der Begünstigenstellung und deren Rechte und Auswirkungen ist aber in den letzten Jahren, gerade durch den Generationswechsel in den Stiftungen, in den Vordergrund gerückt. Dem kann sich auch das Steuerrecht nicht verschließen.

Rechtsstellung und Bewertung

Die Rechtstellung des Stifters bzw der Begünstigten ist höchstpersönlich und laut OGH grundsätzlich unveräußerbar. Die Rechte aus diesen Stellungen sind vermögenswerte Rechte und hängen gerade im Falle der Begünstigen stark von stiftungsrechtlichen Vertragsgestaltungen ab. Ein Verzicht auf diese Rechte wird als (einseitiges) entweder entgeltliches oder unentgeltliches Rechtsgeschäft angesehen. Das Steuerecht folgt dieser Einteilung, insoweit ist jedenfalls vorab steuerlich zu unterscheiden, ob ein unentgeltliches oder entgeltliches Rechtsgeschäft vorliegt. Als entgeltlich wäre es dann zu klassifizieren, wenn die entsprechende Gegenleistung mehr als 50 Prozent des Wertes des aufgegebenen Rechts entspricht. Jede entgeltliche Ablösung unter dieser Grenze wäre steuerrechtlich als (gemischte) Schenkung anzusehen.

Die steuerliche Bewertung der Rechte eines Stifters oder Begünstigen folgt grundsätzlich der wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Die zivilrechtliche Sicht zur Bewertung dieser Rechte wird insbesondere seit dem ErbRÄG 2015 heiß diskutiert, steuerlich wird man sich wohl dieser Diskussion und den derzeitigen Ansätzen der Bewertung anschließen können.

Bezüglich der Begüngstigtenrechte gilt nach dem ErbRÄG 2015 wohl als geltende Fachmeinung, dass nicht nur die Stellung eines Begünstigten mit klagbaren Ansprüchen rechtlich als bewertbar anzusehen ist, sondern auch die Anwartschaft auf eine solche Stellung. Daher ist sowohl die Stellung als aktuelle Begünstigter als auch als potenzielle Begünstigter – trotz fehlenden sicheren und unmittelbaren Vermögensrechts – bewertbar. Bei der Bewertung müssen die unterschiedlichen Gestaltungsformen mit einfließen. Von Relevanz kann die Wahrscheinlichkeit von Zuwendungen, der Einfluss der Begünstigten auf die Ausschüttungsentscheidungen, die Durchsetzungsmöglichkeit (Klagbarkeit) des Anspruchs aber auch die Übertragbarkeit der Begünstigtenstellung sein (vgl. Müller/Melzer, JEV 1-2017). All diese Faktoren werden im Regelfall in Zusammenhang mit der Prognose der zu erwartenden Zuwendungen stehen.

Bezüglich der steuerlichen Bewertung von Stifterrechten ist unseres Erachtens im Einzelfall zu entscheiden. Ein jederzeitiges unbeschränktes Widerrufsrecht könnte im Sinne der oben angeführten Begünstigtenstellung (Anspruch auf das gesamte Vermögen der Stiftung) gewertet werden. Ob auch ein Änderungsrecht eine solche Bewertung vermag, wäre nach dem Umfang und der Ausgestaltung zu entscheiden. Kann beispielsweise jederzeit auch der Stifter sich selbst als Begünstigten bestimmen, wäre eine Bewertung wie oben dargestellt naheliegend.

Unentgeltlicher Verzicht

Verzichtet ein Begünstigter unentgeltlich auf seine klagbaren Ansprüche und entsteht dadurch ein Vermögensvorteil für die Stiftung, so unterliegen diese Zuwendungen grundsätzlich der Stiftungseingangssteuer mit einem Steuersatz von 2,5 Prozent. Als Bemessungsgrundlage ist der gemeine Wert (im Wesentlichen der Verkehrswert) heranzuziehen, der im Regelfall die Nominale der klagbaren Forderung wäre.

Bei Stifterrechten wäre unseres Erachtens der Sachverhalt ähnlich zu bewerten. Laut Fachliteratur unterliegen beispielsweise auch Forderungsverzichte des Stifters an eine Beteiligungsgesellschaft der Stiftung oder Verzichte auf eine Dividende zugunsten der Privatstiftung als mittelbare Zuwendung an die Privatstiftung der Stiftungseingangsteuer.

Besteht andererseits kein klagbarer Anspruch auf den verzichtet wird, ist fraglich ob – mangels Durchsetzbarkeit des Rechtes – eine Stiftungseingangsteuer ausgelöst wird. Die Stiftungsrichtlinien des BMF stellen jedenfalls auf eine faktische Bereicherung der Stiftung ab, diese könnte auch bei der Aufgabe von Anwartschaften zumindest aus Sicht der Abgabenbehörde unterstellt werden.

Entgeltlicher Verzicht

Unter den zivilrechtlich zulässigen Rahmenbedingungen (vgl OGH) ist ein Verzicht gegen Entgelt steuerlich als entgeltliches Rechtsgeschäft einzuordnen. Es kommt wirtschaftlich zur „Veräußerung“ der Rechte aus der Begünstigten- oder Stifterstellung. Eine explizite Regelung für diese Art der Rechtsgeschäfte fehlt im Einkommensteuerrecht.

Würde der „ausscheidende“ Begünstigte von der Privatstiftung eine (letzte) Zuwendung erhalten, unterliegt diese als Zuwendung im Sinne des § 27 Abs 5 Z 7 EStG der 27,5% KESt Belastung. Erhält der ausscheidende Begünstigte aber stattdessen eine Abfindung für den Verzicht auf das Begünstigtenrecht, könnte dies steuerlich im außerbetrieblichen Bereich als Veräußerung der „Begünstigtenstellung“, also des „Stammes“, anzusehen sein. Falls sich der Begünstige die Stellung als Begünstigter behält und er explizit nur das „Recht auf Zuwendungen“ veräußert, könnte dies wie die Veräußerung eines „Dividendenanspruchs“ (= als Abgeltung der künftigen Ausschüttungen) gesehen werden. Beide Varianten wären mit einer (begünstigten) Besteuerung von 27,5 Prozent verbunden.

Die Einstufung als „Veräußerung des Kapitalstammes“ kommt aber unseres Erachtens aus verschiedenen Gründen nicht zur Anwendung. Einerseits müsste die Begünstigtenstellung nach dem 31.03.2012 „entgeltlich erworben“ worden sein, andererseits müsste steuerlich ein Wirtschaftsgut vorliegen.

Wie eingangs schon festgehalten, stellt die Rechtstellung als Begünstigter nach der Ausgestaltung der Stiftungserklärung in der Regel ein „höchstpersönliches Recht“ dar. Der entgeltliche Verzicht auf ein höchstpersönliches Recht ist grundsätzlich nicht als Veräußerung eines „Kapitalstammes“ zu werten, sondern ist als Einkünfte aus Leistungen iSd § 29 Z 3 EstG steuerpflichtig. Mangels zivilrechtliche Übertragungsmöglichkeit der Rechtstellung stellen diese Rechte auch keine Wirtschaftsgüter dar (siehe VwGH 27.4.17, Ra 2015/15/0067). Dies ist wesentlich, da unter dieser Ansicht eine Besteuerung nach § 29 EstG mit dem vollen Progressionssatz (derzeit bis zu 55%) erfolgen würde. Ob der Verzicht im Gegensatz dazu steuerlich als „Veräußerung eines Dividendenanspruchs“ angesehen werden kann (mit nur 27,5% Steuerbelastung) müsste im Einzelfall und je nach Ausformulierung des Rechtsakts beurteilt werden.

Mangels Bereicherung der Stiftung fällt bei entgeltlicher Übertragung keine Stiftungseingangsteuer an. Umsatzsteuerlich wird der Begünstigte bzw. der Stifter idR mit der einmaligen Abtretung eines Rechts nicht zum Unternehmer, daher sollte auch keine Umsatzsteuer anfallen. Gebührenrechtlich ist zu beachten, dass die (schriftliche) Abtretung von Schuldforderungen oder anderen Rechten gemäß § 33 TP 21 GebG einer Zessionsgebühr von 0,8 Prozent des Entgelts unterliegt. Nicht der Gebührenpflicht unterliegen aber „höchstpersönliche“ Rechte, die mit der Person des Inhabers untrennbar verbunden sind und nicht abtretbar sind. Fraglich ist, ob diese Befreiung auch bei einem entgeltlichen Verzicht auf die Rechte aus der Begünstigten- oder Stifterstellung anzuwenden ist.

Zusammengefasst bedarf ein Verzicht auf die Rechte aus einer Begünstigten- oder Stifterstellung vorab einer umfassenden steuerlichen Prüfung um steuerliche Risiken aus der Übertragung zu vermeiden.

Mag. Erik Malle, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater und Geschäftsführender Gesellschafter der CONSULTATIO Steuerberatung GmbH & Co KG in Wien. Seine fachlichen Schwerpunkte liegen in der Steuer- und Vermögensplanung für österreichische Unternehmen und deren Eigentümer. Er verfügt über langjährige Erfahrung im internationalen Steuerrecht und ist Spezialist im Bereich von Immobilienvermögen und Privatstiftungen.
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