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Steuer- und Zivilrecht

Besteuerung bei Widerruf einer Privatstiftung

By 19. Oktober 2020Oktober 27th, 2020No Comments

Verkehrswert als Stiftungseingangswert bei fehlender Steueranhängigkeit im Stiftungsakt

Der Verfassungsgerichtshof hat zur Besteuerung bei Widerruf einer Privatstiftung eine für die Praxis bedeutsame Entscheidung gefällt (VfGH 27.11.2019, E 5018/2018).

Wird eine Privatstiftung beendet, unterliegt die gesamte Zuwendung aus der Stiftung beim Letztbegünstigten der Ertragsbesteuerung mit KESt. Wenn es zu einem Widerruf kommt, kann sich der Stifter die Stiftungseingangswerte abziehen. Nach bisheriger Verwaltungspraxis konnten dabei nur die Buchwerte des Stifters im Zeitpunkt des Stiftungsaktes abgezogen werden. Die hohe Besteuerung wird in der Praxis auch als „Mausefalle“ bezeichnet.

Im Anlassfall hat die Stifterin im Jahr 2000 Grundstücke der Stiftung zugewendet, für welche in diesem Zeitpunkt bereits die – damals 10jährige – Spekulationsfrist abgelaufen war. Beim Widerruf der Stiftung im Jahr 2005 wollte sie – entgegen der Verwaltungspraxis – den Verkehrswert von der Bemessungsgrundlage der KESt abziehen. Der VfGH hat der Stifterin – nach einem langen Verfahren mit mehreren höchstgerichtlichen Entscheidungen – Recht gegeben: „Steuerlich maßgebend beim Widerruf sind daher jene Werte, die … aus Sicht der Stifterin anzusetzen sind. Es ist denkunmöglich, diesen Wert im Fall einer Liegenschaft, für die die Spekulationsfrist im Zeitpunkt der Zuwendung an die Privatstiftung bereits abgelaufen war, mit den tatsächlichen (historischen) Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten anzusetzen, sind diese doch steuerlich nicht maßgebend. Der … Verkehrswert der Liegenschaft ist im Zeitpunkt der Zuwendung an die Privatstiftung maßgebend, womit auch der Zielsetzung der Regelung, die Gesamtbelastung von Stifter und Stiftung mit Ertragsteuern an jenem Niveau auszurichten, das im Fall des Fortbestehens des zugewendeten Vermögens beim Stifter gegeben wäre, Rechnung getragen wird.“

Inhaltlich ist diese Entscheidung des VfGH für die Praxis weitreichend und zu begrüßen, da die „Mausefalle“ doch wesentlich entschärft wurde. Im Fall des Widerrufs der Privatstiftung und Vermögensauskehr an den Stifter bei vor dem 1.8.2008 der Stiftung gewidmeten Wirtschaftsgüter sind die Stiftungseingangswerte heranzuziehen und von der KESt-Bemessungsgrundlage, die sich aus den fiktiven Anschaffungskosten im Zeitpunkt der Vermögensauskehr ergeben, abzuziehen.

Soweit die Wirtschaftsgüter beim Stifter im Zeitpunkt des Stiftungsaktes steueranhängig sind, sind stellen die Buchwerte bzw. Anschaffungskosten des Stifters die Stiftungseingangswerte dar (zB bei einer Beteiligung).

Für die Praxis stellt sich die Frage, wie sich die Stiftungseingangswerte bei Zuwendung von Grundstücken nach dem 31.7.2008 ermitteln, zumal es zwischenzeitlich Gesetzesänderungen gegeben hat. Stifterzuwendungen sind im Evidenzkonto für Substanzzuwendungen zu speichern; dabei ist gem § 27 Abs 5 Z 8 lit d EStG als Stiftungseingangswert „der Wert des gestifteten Vermögens zum Zeitpunkt der Zuwendung“ anzusetzen. Gem § 15 Abs 3 Z 1 EStG sind im außerbetrieblichen Bereich die zugewendeten Wirtschaftsgüter „mit dem Betrag anzusetzen, der für die Ermittlung von Einkünften beim Stifter im Zeitpunkt der Zuwendung maßgeblich war oder maßgeblich gewesen wäre“. Da sich an den wesentlichen Formulierungen nichts geändert hat, sind bei nicht mehr steuerverfangenen Wirtschaftsgütern – im Lichte der aktuellen VfGH-Entscheidung – die Verkehrswerte als Stiftungseingangswerte anzusetzen, die in weiterer Folge steuerneutral aus der Privatstiftung gem § 27 Abs 5 Z 8 (Substanzzuwendung) oder gem Z 9 (Widerruf) EStG zugewendet werden können.

Seit dem 1.4.2012 sind Grundstücke stets steuerverfangen, da die Veräußerung stets steuerpflichtig ist. Daher sind bei Stifterzuwendung nach dem 31.3.2012 stets die Anschaffungskosten des Grundstückes anzusetzen. Bei Grundstücken, die am 31.3.2012 nicht mehr steuerverfangen waren, sind gem § 30 Abs 4 EStG bei Veräußerung pauschale Anschaffungskosten anzusetzen, die vom Veräußerungserlös (40% bei vorheriger Umwidmung in Bauland bzw. ansonsten 86%) abgeleitet werden. Meines Erachtens kann bei Grundstücken des Altbestandes 86% des Wertes im Zeitpunkt des Stiftungsaktes (bzw. 40% in Umwidmungsfällen) als Stiftungseingangswert angesetzt werden (Marschner, Optimierung der Familienstiftung4 [2018] Rz 1399).

Dr. Ernst Marschner ist selbständiger Steuerberater in Linz. ER ist auf die Besteuerung von Stiftungen spezialisiert.