Die Beratungspraxis des Verfassers zeigt, dass der im Zusammenhang mit einer Stiftungserrichtung einhergehende Kontrollverlust zeitweise dafür ausschlaggebend ist, dass von der Errichtung der Stiftung Abstand genommen wird. Aber auch im Rahmen bestehender Stiftungen manifestiert sich oftmals das Bedürfnis der Stiftungsbeteiligten, und hier insbesondere der Begünstigten, nach einem Organ, das für die Kontrolle der Stiftungsverwaltung und somit die Wahrung ihrer Interessen verantwortlich ist.
Beide der zuvor geschilderten Bedürfnisse können durch die Einsetzung eines sogenannten Protektors adressiert werden. Ein solcher Protektor ist Organ der Stiftung, hat aber kraft Gesetzes keine Befugnis die Stiftung nach außen zu vertreten.
Im Innenverhältnis räumt Art 552 § 28 PGR dem Protektor (oder anderen sog. „weiteren Organen) allerdings das Recht ein, die Beststellung eines Begünstigten aus dem Begünstigtenkreis, die Feststellung von Zeitpunkt, Höhe und Bedingung einer Ausschüttung, die Verwaltung des Vermögens, die Beratung und Unterstützung des Stiftungsrats, die Überwachung der Stiftungsverwaltung zur Wahrung des Stiftungszwecks, Zustimmungen oder die Erteilung von Weisungen zur Interessenswahrung Stiftungsbeteiligter vorzunehmen. Diese Aufzählung ist nicht abschließend („insbesondere“) und können dem Protektor weitere Kompetenzen zukommen, wie etwa die Bestellung und Abberufung des Stiftungsrats.
Bei der Stiftungserrichtung kommt die Bestellungskompetenz des Protektors zunächst dem Stifter zu. Dabei kann der Stifter nachfolgend auch anderen Stiftungsbeteiligten die Bestellungskompetenz hinsichtlich eines Protektors einräumen. Der Protektor selbst kann jedermann sein. Somit auch der Stifter selbst oder aber Begünstigte. In der Praxis zeigt sich, dass oftmals anstatt des Stifters, Vertrauenspersonen desselben zu Protektoren bestellt werden. Die Nachfolge im Protektorat kann entweder durch den Stifter selbst erfolgen oder aber eine Nachfolgeregelung in den Stiftungsdokumenten vorgesehen werden.
Insbesondere im Zusammenhang mit Stiftungserrichtungen von österreichischen Staatsbürgern bietet es sich an, einen unabhängigen Protektor vorzusehen, dem neben Überwachungs- auch Zustimmungsrechte zu bestimmten Rechtsgeschäften und Verfügungen des Stiftungsrats zukommen. Dabei wird üblicherweise in einem eigenen Beistatut oftmals vorgesehen, dass gewisse Vermögensdispositionen des Stiftungsrats (im Innenverhältnis) der Zustimmung des Protektors bedürfen. Dies kann auch Ausschüttungen aus dem Stiftungsvermögen betreffen. Dadurch ist es möglich mittelbar – ohne die Ausübung von Weisungsrechten vorzusehen – die Ausschüttungspolitik der Stiftung zu beeinflussen, ohne, dass die Transparenzkriterien nach Art 2 Abs 2 lit b Abgeltungssteuerabkommen zwischen Österreich und Liechtenstein (ASTA) erfüllt sind. Diese sind:
- Weder der Stifter, Begünstigte oder diesen nahestehende Personen sind Mitglieder des Stiftungsrats oder einem Gremium, dem Weisungsrechte gegenüber dem Stiftungsrat zukommen;
- Es besteht kein unbeschränktes Recht des Stifters, der Begünstigten oder diesen nahestehenden Personen, den Stiftungsrat ohne wichtigen Grund abzuberufen;
- Es liegt weder ein ausdrücklicher noch konkludenter Mandatsvertrag vor.
Sind diese Kriterien erfüllt, dann qualifiziert eine liechtensteinische Stiftung als steuerliche intransparent und findet die laufende Besteuerung in Liechtenstein statt. Ausschüttungen an die Begünstigten können dann in der Regel anonym erfolgen und ist das „KEST-Äquivalent“ vom liechtensteinischen Stiftungsrat an die liechtensteinische Steuerverwaltung abzuführen, die wiederum gesammelt die KEST-Äquivalente an das österreichische Bundesministerium für Finanzen übermittelt.
Ist hingegen nur eines der oben genannten Kriterien erfüllt, dann qualifiziert die liechtensteinische Stiftung aus steuerlicher Sicht als transparent und das Stiftungsvermögen wird weiterhin direkt dem (österreichischen) Stifter zugerechnet.
Bei der Ausgestaltung der konkreten Protektorenrechte ist somit darauf zu achten, dass die Transparenzkriterien des Art 2 Abs 2 lit b ASTA nicht erfüllt sind, weil sonst die steuerliche Abschirmwirkung nach dem ASTA nicht greift.
Gleichzeitig haben zu weitgehende Zustimmungs- und Vetorechte in Verbindung mit der Ausübung des Protektorats durch den Stifter zur Folge, dass dieser aus erb- und zivilrechtlicher Sicht das sog. „Vermögensopfer“ nicht erbracht hat und die Stiftung durch pflichtteilsberechtige Erben oder womöglich andere Gläubiger angreifbar bleibt.
Um sowohl die steuerliche- als auch die erb- und zivilrechtliche Abschirmwirkung einer liechtensteinischen Stiftung nutzen zu können, kann eine unabhängige Person als Protektor vorgesehen werden. Diesem können dann recht weitgehende Zustimmungs- und Vetorechte hinsichtlich der Stiftungsverwaltung eingeräumt werden. Handelt es sich beim Protektor aber um den Stifter, einen Begünstigten oder diesen nahestehende Personen, dann ist besondere Vorsicht bei der Ausgestaltung von Zustimmungs- und Vetorechten dieser Protektoren geboten. In Praxis sind üblicherweise spezialisierte Rechts- und Steuerberater dafür verantwortlich, einen Katalog an Zustimmungs- und Vetorechten solcher Protektoren herauszubilden. Das so gewonnene Ergebnis ermöglicht einerseits die trennscharfe Abgrenzung zu Art 2 Abs 2 lit b ASTA und garantiert andererseits die tatsächliche Hingabe des Stiftungsvermögens durch den Stifter, die wiederum den zivilrechtlichen Vermögensschutz auslöst.
RA Dr. Michael Nueber, LL.M. ist Rechtsanwalt und Öffentlicher Notar im Fürstentum Liechtenstein sowie Praxisprofessor an der Universität Liechtenstein