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Steuer- und Zivilrecht

Aktuelles zum In-Sich-Geschäft

Einführung

Wenn die Privatstiftung keinen Aufsichtsrat hat, bedürfen Rechtsgeschäfte der Privatstiftung mit einem Mitglied des Stiftungsvorstands der Genehmigung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstands und des Gerichts (§ 17 Abs 5 PSG). Dieser Gesetzeswortlaut, der sogenannte „In-Sich-Geschäfte“ (s dazu S.-F. Kraus, Geschäfte zwischen dem Stiftungsvorstand und der Privatstiftung, 20 Juni 2021 ) ausnahmslos einem gerichtlichen Genehmigungserfordernis unterwirft, erfasst allerdings nicht das Rechtsgeschäft, das der OGH in einer aktuellen Entscheidung (2 Ob 64/23k) zu beurteilen hatte. In der aktuellen Entscheidung schloss die Privatstiftung den Beratungsvertrag nämlich nicht mit ihrem Vorstandsmitglied, sondern mit einer Rechtsanwalts GmbH. Es ist aber stRsp, dass das Genehmigungserfordernis für Rechtsgeschäfte der Privatstiftung mit ihren Mitgliedern des Stiftungsvorstands analog auf Fälle mit vergleichbarer Interessenkollision anzuwenden ist. Eine vergleichbare Interessenkollision ist – wenn überhaupt – deutlicher als in der aktuellen Entscheidung – Vorstandsmitglied der Privatstiftung ist Alleingesellschafter-Geschäftsführer des Vertragspartners der Privatstiftung – kaum denkbar.

Bereicherungsrechtliche Rückabwicklung bei versagter gerichtlicher Genehmigung

Werden die Leistungen auf Grund eines In-Sich-Geschäfts erbracht, bevor das Gericht um die Genehmigung des In-Sich-Geschäfts ersucht wird und versagt das Gericht schließlich doch die Genehmigung, fehlt dem bereits vollzogenen Leistungsaustausch der Rechtsgrund. Grundsätzlich sind die Leistungen daher soweit möglich ex tunc rückabzuwickeln. Zwei Aspekte dieser bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung stehen im Mittelpunkt der aktuellen Entscheidung.

A:) Beginn der Verjährungsfrist

Erstens stellt der OGH klar, dass die Rückabwicklungsansprüche erst ab dem Beschluss verjähren, mit dem das Gericht die Genehmigung versagt. Deshalb war im Anlassfall der Eintritt der Verjährung kein Thema, und zwar unabhängig davon, ob eine drei- oder dreißigjährige Verjährungsfrist gilt, was der OGH offenließ. Auch in vielen anderen Fällen wird der nun geklärte Beginn des Fristenlaufs dazu führen, dass die bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsansprüche nicht verjährt sind.

B:) Ausschluss des Rückabwicklungsanspruchs gegen die Privatstiftung

Zweitens stellt der OGH klar, dass der Normzweck des § 17 Abs 5 PSG einen bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsanspruch des Vertragspartners der Privatstiftung ausschließt. In der aktuellen Entscheidung versagte der OGH der Rechtsanwalts GmbH daher einen angemessenen Lohn für den Nutzen, den ihre anwaltliche Leistung der Privatstiftung verschafft hatte. Das bedeutet im Ergebnis, dass die Rechtsanwalts GmbH keine Gegenleistung für ihre Beratungsleistung erhielt.

Fraglich ist, ob der OGH zu demselben Ergebnis gekommen wäre, wenn die Privatstiftung einen Aufsichtsrat gehabt hätte und dessen erforderliche Zustimmung zum In-Sich-Geschäft nicht eingeholt worden wäre (s §§ 17 Abs 5, § 25 Abs 3 PSG). Der OGH betont nämlich auch, dass die Zuerkennung eines Bereicherungsanspruchs, der auf angemessene Entlohnung gerichtet ist, bei fehlender Genehmigung nach § 17 Abs 5 PSG nicht nur wegen des besonderen Regelungszwecks, sondern auch vor dem Hintergrund des „strukturellen Kontrolldefizits“ bei Privatstiftungen geboten erscheint. Ungewiss ist, ob eine Privatstiftung, die einen Aufsichtsrat hat, auch an einem „strukturellen Kontrolldefizit“ leidet.

Zusammenfassung

Fest steht jedenfalls, dass der drohende Ausschluss des Bereicherungsanspruchs schwer wiegt. Für die Praxis ist daran besonders misslich, dass der OGH (noch) nicht abschließend geklärt hat und in der Lehre strittig ist, welche Fälle mit dem gesetzlich ausdrücklich geregelten Fall des Geschäfts der Privatstiftung mit einem Mitglied des Stiftungsvorstands gleichwertig sind und daher ebenso einer gerichtlichen Zustimmung bedürfen (s dazu S.-F. Kraus, Geschäfte zwischen dem Stiftungsvorstand und der Privatstiftung, 20 Juni 2021). Der Praxis ist zu raten, insbesondere auch in Konstellationen, in denen das Bestehen einer Genehmigungspflicht gemäß § 17 Abs 5 PSG (noch) ungewiss ist, vor der Rechtsgeschäftsabwicklung das Gericht um Genehmigung zu ersuchen, um nicht zu riskieren, dass dem Rechtsgeschäftspartner der Privatstiftung der Verlust seiner Leistung droht.

Univ.-Prof. Dr. Sixtus-Ferdinand Kraus ist Universitätsprofessor am Institut für Zivilrecht, Abteilung für Grundlagenforschung der Johannes Kepler Universität in Linz und Rechtsanwalt/Of Counsel in Wien.