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Steuer- und Zivilrecht

Einschränkung der Einsicht gemäß § 10a WiEReG

Die Bewilligung der Einschränkung der Einsicht in das Wirtschaftliche Eigentümer Register gemäß § 10a WiEReG ist nur bei hinreichendem Nachweis von „außergewöhnlichen Umständen“ möglich – VwGH vom 15.12.2020, Ro 2020/13/0010

Öffentliche Einsicht

Seit 10. Jänner 2020 ist die Einsicht in das vom BMF als Registerbehörde geführte elektronische Register der Wirtschaftlichen Eigentümer (WE) für jedermann zugänglich. Die für die Öffentlichkeit nun ohne Nachweis eines berechtigten Interesses zugänglichen Auszüge aus dem WE-Register enthalten jedoch nur die nach den EU-Vorgaben der 5. Geldwäscherichtlinie geforderten Mindestangaben (z.B. ist weder die Wohnanschrift noch der Geburtsort der gemeldeten WE ersichtlich).

Einschränkung der Dateneinsicht bei Vorliegen schutzwürdiger Interessen

Mit §10a WiEReG wurde bereits mit Wirksamkeit ab 1. Oktober 2018 ein Antragsrecht für WE geschaffen, das auf die Einschränkung der Einsichtsrechte von Verpflichteten in Bezug auf die an das WE-Register gemeldeten WE-Daten abzielt. Mit der Freigabe des öffentlichen Zugangs zu WE-Registerdaten „für jedermann“ seit Jänner 2020 soll die Möglichkeit der Einschränkung der Einsicht gemäß den Vorgaben der EU als wirksames Korrektiv dem Schutz der Privatsphäre und  der personenbezogenen Daten der WE dienen, dies aber nur, wenn „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen.

Voraussetzung für eine Einschränkung der Einsicht durch bestimmte Verpflichtete (Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Bilanzbuchhalter, Immobilienmakler, bestimmte Gewerbetreibende etc.) und die Mitglieder der Öffentlichkeit ist das Vorliegen von „überwiegenden schutzwürdigen Interessen“ des im Register gemeldeten WE, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, die dieser in einem schriftlichen Antrag gegenüber der Registerbehörde nachweisen muss. Das BMF hat zunächst binnen 14 Tagen eine vorläufige Einschränkung der Einsicht zu gewähren, sofern der Antrag nicht a priori offenkundig unbegründet erscheint. Binnen Jahresfrist muss die endgültige Entscheidung der Registerbehörde in erster Instanz ergehen.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung sind gegeben, „wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Einsichtnahme den WE dem unverhältnismäßigen Risiko aussetzen würde, Opfer einer der in § 10a Abs 2 aufgezählten Straftaten zu werden“ (Betrug, erpresserische Entführung, Erpressung, Nötigung, gefährliche Drohung, beharrliche Verfolgung oder strafbare Handlungen gegen Leib und Leben) ODER, wenn der WE minderjährig oder geschäftsunfähig ist. Der bloße Umstand, dass das wirtschaftliche Eigentum des WE bekannt wird, stellt im Allgemeinen keine unverhältnismäßige Gefahr dar.

Die Bewilligung der Einschränkung der Einsicht bewirkt, dass in sämtlichen Auszügen aus dem WE-Register keinerlei Daten zum antragstellenden WE – in Bezug auf die in seinem Antrag genannten Rechtsträger – angezeigt werden. Die Einschränkung der Einsicht erfolgt zunächst für die Dauer von fünf Jahren bzw. bei Minderjährigen bis zur Erreichung ihrer Volljährigkeit. Eine Verlängerung der Einschränkung der Einsicht ist aber möglich, sofern das fortgesetzte Vorliegen der Voraussetzungen nachgewiesen werden kann.

Über Beschwerden gegen Bescheide des BMF entscheidet in 2. Instanz das Bundesverwaltungsgericht (BVwG).

Unabhängig von der Antragstellung durch einen WE wird in Registerauszügen für Begünstigte von ausländischen Stiftungen, Trusts oder trustähnlichen Strukturen, die oberste Rechtsträger von in Österreich meldepflichtigen Gesellschaften sind, generell der persönliche Wohnsitz nicht angezeigt, sondern lediglich das jeweilige Wohnsitzland.

Darüber hinaus kann jeder WE mit inländischem Wohnsitz bei der Meldebehörde eine Auskunftssperre in Bezug auf seinen gemeldeten Hauptwohnsitz gemäß § 18 Meldegesetz beantragen, wofür das Vorliegen „schutzwürdiger Interessen“ zu bescheinigen ist. Im Fall einer Auskunftssperre nach dem MeldeG wird im WE-Register der Hinweis auf einen Wohnsitz des WE im Inland und auf das Bestehen der Auskunftssperre angezeigt.

Diese Einschränkungen der Registereinsicht sind jedoch nicht wirksam für die Einsicht durch Behörden, Notare sowie Kredit- und Finanzinstitute, die von der FMA überwacht werden.

Erkenntnis der VwGH vom 15.12.2020, Ro 2020/13/0010, zu § 10a WiEReG

In seiner Entscheidung vom 15.12.2020, Ro 2020/13/0010 beschäftigte sich der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erstmals mit den Voraussetzungen für die Bewilligung der Einschränkung der Einsicht in das WE-Register im Fall einer vorab gegen einen WE verübten Straftat.

Zwei Begünstigte einer Privatstiftung (PS), die als WE der PS gemeldet worden waren, beantragten bei der Registerbehörde, dass ihre Daten in Auszügen aus dem WE-Register nicht angezeigt werden. Eine der Begünstigten war Opfer einer Straftat, nämlich eines Einbruchsdiebstahls in ihre Privatwohnung mit erheblichem Vermögensschaden (Verlust des gesamten Familienschmucks). Durch die Möglichkeit der Einsichtnahme in das WE-Register fürchtete sie, einem unverhältnismäßigen Risiko ausgesetzt zu sein, wieder Opfer einer Straftat zu werden. Sie habe daher ein überwiegendes, schutzwürdiges Interesse an der Einschränkung der Einsicht. Dies treffe auch auf die zweite Begünstigte, Ihre alleinstehende Mutter als nahe Angehörige zu, die auch Stifterin der PS und als solche auch im WE-Register gemeldet war. Diese fürchtete ebenfalls Opfer einer Straftat zu werden, da ihre Adresse und ihre persönlichen Daten im WE-Register ersichtlich sind.

Die Registerbehörde wies den Antrag der Begünstigten auf Einschränkung der Einsicht mit der Begründung ab, dass ein Einbruchsdiebstahl nicht geeignet sei, eine Gefährdung auf die in § 10a Abs 2 WiEReG aufgezählten Straftaten zu begründen, womit sich kein „überwiegend schutzwürdiges Interesse“ für die beiden WE ergebe.

Das über Beschwerde der beiden Begünstigten angerufene Bundesverwaltungsgericht (BVwG) gab dem Antrag der WE auf Einschränkung der Einsicht statt. Der VwGH hob die Entscheidung des BVwG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf und begründete dies im Wesentlichen wie folgt:

Zunächst stellte der VwGH klar, dass eine verfügte Einschränkung der Einsicht auch die öffentliche Einsicht „durch jedermann“ einschränke, was dem Wortlaut des § 10a WiEReG zwar nicht eindeutig zu entnehmen sei, jedoch richtlinienkonform so auszulegen wäre. Diese Auslegung wird im Ergebnis auch vom BMF in seinem überarbeiteten WiEReG-Erlass geteilt (vgl. BMF Erlass zum WiEReG vom 23.10.2020, BMF-AV Nr. 171/2020, Punkt 7.3, S. 98).

Laut VwGH kann eine Beschränkung der Einsicht gemäß § 10a WiEReG nur aus „außergewöhnlichen Umständen“ erfolgen. Bei der Beurteilung, ob solche außergewöhnliche Umstände vorliegen, können auch andere Straftaten als die in § 10a Abs 2 WiEReG aufgezählten (oder eine aus sonstigen Umständen hervorgehende besondere Gefährdungslage) berücksichtigt werden, wenn diese das Risiko unverhältnismäßig erhöhen, dass der Antragsteller Opfer einer der in § 10a Abs 2 WiEReG explizit genannten Straftaten wird.

Es müsste diesfalls aus konkret dargelegten Tatsachen, wie der Ausübung der Straftat und den spezifischen Tatumständen, geschlossen werden können, dass der WE mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Opfer einer der im Gesetz konkret genannten Straftaten wird.

Bei der Beurteilung dieses Risikos spielten daher unter anderem der Zeitraum, der seit der Verübung oder Androhung der Straftat verstrichen ist, sowie die konkreten Tatumstände eine Rolle, z.B. ob das Opfer vom Täter gezielt, und aufgrund welcher Umstände, ausgewählt wurde oder ob es sich etwa um eine Einbruchsserie handelte, bei der die Opfer vom Täter nach dem Zufallsprinzip bzw. nach Gelegenheit ausgewählt wurden.

Der antragstellende WE müsse somit konkrete Umstände nachweisen, wonach die Eintrittswahrscheinlichkeit einer der in § 10a Abs 2 WiEReG explizit aufgezählten Straftaten bei ihm deutlich höher erscheint (das Risiko also unverhältnismäßig ist) als bei durchschnittlichen WE in vergleichbarer Position.

Das BVwG sei aufgrund des bislang unaufgeklärten Einbruchsdiebstahls zum Ergebnis gelangt, dass die von der Straftat unmittelbar betroffene Begünstigte (und Ihre Mutter als nahe Angehörige) einem erhöhten Risiko ausgesetzt sei, Opfer von Straftaten zu werden, weil sich der Einbruch in kriminellen Kreisen herumsprechen könne und nun ihre Person und ihr Vermögen in diesen Kreisen bekannt geworden seien. Nach Auffassung des VwGH ergeben sich aus der angefochtenen Entscheidung aber keine Anhaltspunkte, dass gerade eine (mögliche) Einsichtnahme in das WE-Register dieses Risiko erhöhe; es sei im Gegenteil eher naheliegend, dass dieses Risiko in keinem Zusammenhang mit einer möglichen Einsichtnahme in das WE Register stehe.

Im Revisionsfall sei die verübte Straftat zeitlich nicht näher eingeordnet und deren konkrete Umstände in keiner Weise offengelegt worden, sodass nicht ohne Weiteres darauf geschlossen werden könne, dass ein unverhältnismäßiges Risiko bestünde, die beiden Begünstigten der PS könnten Opfer einer der im Gesetz explizit aufgezählten Straftaten werden.

Conclusio

Die Bewilligung des Antrags auf Einschränkung der Einsicht gemäß § 10a WiEReG, die bewirkt, dass in Auszügen aus dem WE-Register keine Daten des WE für eine Reihe von Verpflichteten und für die Öffentlichkeit ersichtlich sind, setzt den Nachweis von außergewöhnlichen Umständen voraus, aus denen sich eine – gegenüber anderen WE in vergleichbarer Position – deutlich erhöhte Eintrittswahrscheinlichkeit in Bezug auf die in § 10a WiEReG explizit aufgezählten Straftaten ergibt; überdies muss die Risikoerhöhung in Zusammenhang mit der Einsichtnahme in das WE-Register steht. Die Umstände, aus denen eine solche deutlich erhöhte aktuelle Gefährdungslage hervorgeht, müssen vom Antragsteller konkret aufgezeigt und nachgewiesen werden.

Im Lichte der richtungsweisenden Entscheidung des VwGH vom 15.12.2020 ist davon auszugehen, dass die Erfolgsaussichten von Anträgen auf Einschränkung der Einsicht gemäß § 10a WiEReG im Wesentlichen auf minderjährige oder geschäftsunfähige WE und darüber hinaus auf einige wenige Ausnahmefälle beschränkt bleiben, in denen ein klar erhöhtes Risikopotential, Opfer einer der im Gesetz explizit genannten Straftaten zu werden, für die betroffenen WE auch hinreichend nachgewiesen werden kann.

Mag. Christiane Edelhauser ist ehemalige Richterin, zertifizierter Compliance Officer und arbeitet seit mehreren Jahren als Tax Senior Manager bei KPMG Alpen- Treuhand GmbH in Wien. cedelhauser@kpmg.at

StB MMag. Michael Petritz, LL.M. (WU) ist Partner bei KPMG Alpen- Treuhand GmbH, Präsident von STEP Austria und stellvertretender Leiter der AG Privatstiftungen des KWT Fachsenats für Steuerrecht. Seine Tätigkeits- und Publikationsschwerpunkte liegen im Bereich Estate Planning, Stiftungssteuerrecht, Konzernsteuerrecht und Gebühren und Verkehrssteuerrecht. mpetritz@kpmg.at