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Steuer- und Zivilrecht

Rechtsgeschäfte des Stiftungsvorstandes mit der Privatstiftung

By 5. Februar 2021No Comments

Wenn eine Privatstiftung keinen Aufsichtsrat hat, dann bedürfen Rechtsgeschäfte der Privatstiftung mit einem Mitglied des Stiftungsvorstandes der Genehmigung aller übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstandes und des Gerichts. Dabei muss die Genehmigung durch die übrigen Vorstandsmitglieder bereits vor Beantragung der gerichtlichen Genehmigung vorliegen. Demnach kommt dem Gericht die endgültige Prüf- und Entscheidungsbefugnis zu (siehe OGH 27.04.2017, 2 Ob 52/16k).

Der Genehmigungspflicht unterliegen nicht nur solche Insichgeschäfte, mit denen ein Vorstandsmitglied im eigenen Namen Geschäfte mit „sich selbst“ als Vertreter des Stiftungsvorstandes für die Privatstiftung abschließt, sondern darüber hinaus auch Geschäfte zwischen einem Vorstandsmitglied und der Stiftung, wenn diese durch die übrigen Mitglieder des Stiftungsvorstandes vertreten wird. Eine gerichtliche Genehmigung ist auch dann einzuholen, wenn die Privatstiftung nicht mit einem Vorstandsmitglied persönlich, sondern mit einer Gesellschaft, bei der ein Vorstandsmitglied einziger Gesellschafter und Geschäftsführer ist, Rechtsgeschäfte abschließt. Dies gilt insbesondere für all jene Fälle, in denen der Geschäftsabschluss zumindest wirtschaftlich einem solchen mit dem Mitglied des Stiftungsvorstandes gleichkommt. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist dabei die Frage, ob im Einzelfall eine Interessenkollision zu befürchten ist. Letztlich sollen ausdehnend alle Fälle erfasst werden, in denen die Gefahr besteht, dass ein Stiftungsvorstand aufgrund seiner Stellung ein dem Wohl der Privatstiftung abträgliches Geschäft mit der Stiftung abschließt (siehe OGH 27.04.2017, 2 Ob 52/16k, OGH 28.02.2018, 6 Ob 35/18t).

Eine Genehmigung darf vom Gericht nur erteilt werden, wenn das Geschäft im Interesse der Privatstiftung liegt und somit ihrem Wohl entspricht. Es ist dabei jedenfalls zu prüfen, ob durch das Rechtsgeschäft die Verfolgung des Stiftungszwecks und des Stifterwillens in Zukunft mit ausreichender Sicherheit gewährleistet ist. Das Funktionieren der Privatstiftung darf nicht eingeschränkt werden und es darf keine Gefahr von Missbrauch oder Schädigung bestehen. Dabei ist grundsätzlich kein strenger Maßstab zu Grunde zu legen (siehe OGH 25.11.2020, 6 Ob 151/20d).

Ein genehmigungsbedürftiges Rechtsgeschäft ist bis zur gerichtlichen Genehmigung oder ihrer Versagung grundsätzlich „schwebend unwirksam“. Mit der Genehmigung durch das Gericht wird das Rechtsgeschäft rückwirkend wirksam. Im Falle der Versagung der Genehmigung verliert das Rechtsgeschäft hingegen endgültig seine Wirkung. Bis zur Entscheidung des Gerichts sind sowohl die Privatstiftung als auch das Vorstandsmitglied an ihre jeweiligen Willenserklärungen gebunden. Das Vorstandsmitglied hat die Möglichkeit, der Privatstiftung eine angemessene Frist für die Antragstellung bei Gericht zu setzen. Im Falle der weiterhin fortgesetzten Untätigkeit des (übrigen) Stiftungsvorstandes ist das Vorstandsmitglied dann nicht mehr an das Rechtsgeschäft gebunden. Die bloße Unterlassung der Antragstellung auf Genehmigung durch den Stiftungsvorstand kann den Schwebezustand hingegen nicht beenden. Wenn ein neuer Stiftungsvorstand die Privatstiftung von der rechtsgeschäftlichen Bindung lösen möchte, steht ihm die Möglichkeit offen, einen Antrag auf Genehmigung zu stellen und seine Bedenken in diesem Antrag zu formulieren. Auch in dieser Hinsicht liegt damit die endgültige Entscheidungsbefugnis beim Gericht (siehe OGH 27.04.2017, 2 Ob 52/16k).

Die Frage der Genehmigung hängt schließlich von den Umständen des Einzelfalles ab, wobei insbesondere auch die Vertragsgestaltung maßgeblich ist. In der Praxis wird es empfehlenswert sein, vor der Antragstellung beim zuständigen Gericht, eine entsprechende Stellungnahme des Stiftungsprüfers einzuholen und diese mit einer detaillierten Begründung im Genehmigungsantrag dem Gericht vorzulegen.

FH-Hon.-Prof. Mag. Dr. Stefan Gurmann, M.B.L.-HSG

Stefan Gurmann ist seit 2008 als Rechtsanwalt eingetragen und in der Kanzlei Brauneis Klauser Prändl Rechtsanwälte GmbH in Wien tätig. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit liegt im Gesellschafts- und Unternehmensrecht, dem Stiftungsrecht sowie in der handelsgerichtlichen Prozessführung. Er war Universitätsassistent an der Universität Graz und unterrichtet als Honorarprofessor an der FH Campus 02 und der Universität Graz.