Zwischen zwei unterschiedlichen Ausgangslagen ist bei einer Abberufung von Mitgliedern des Stiftungsvorstands zu differenzieren: Zum einen ist eine Abberufung des Stiftungsvorstands durch die in der Stiftungserklärung allenfalls dazu berufenen Organe oder Personen (Stifter, Beirat, Begünstigte, etc) möglich – dies aber eben nur dann, wenn eine derartige Abberufungskompetenz in der Stiftungsurkunde vorgesehen ist.
Mehrere Wege zur Vorstandsabberufung
Alternativ zu einer solchen Abberufung durch z.B. den Stiftungsbeirat ist eine gerichtliche Abberufung nach § 27 Abs 2 PSG denkbar.
Dem zuletzt höchstgerichtlich entschiedenen Fall lag die in der Stiftungsurkunde vorgesehene Regelung zugrunde, dass „die beiden Stifter gemeinsam – mit einstimmigem Beschluss – berechtigt sind, Mitglieder des Stiftungsvorstands zu bestellen und aus wichtigem Grund abzuberufen.“
Weil sich die beiden Stifter aber nicht einig waren, stellte nun lediglich einer von ihnen den gerichtlichen Antrag, Mitglieder des Vorstands aus wichtigem Grund abzuberufen. Ist ein einzelner Stifter dazu aber überhaupt berechtigt?
Nach höchstgerichtlicher Judikatur (vgl OGH 18.7.2001, 6 Ob 98/11x) steht das in § 27 Abs 2 PSG vorgesehene Recht, die gerichtliche Abberufung von Vorstandsmitgliedern zu beantragen, nicht bloß einem (gesamten) Stiftungsorgan, sondern auch jedem einzelnen Mitglied eines Stiftungsorgans zu. In diesem Sinne ist demnach jedes einzelne Vorstandsmitglied sowie in der Regel auch jedes einzelne Beiratsmitglied berechtigt, eine gerichtliche Abberufung von Vorstandsmitgliedern zu initiieren. Aber auch ein einzelner Stifter? Ist dieser Mitglied eines Stiftungsorgans?
Materieller Organbegriff
Neben den in § 14 PSG aufgezählten Stiftungsorganen „Stiftungsvorstand, Stiftungsprüfer und gegebenenfalls Aufsichtsrat“ sehen zahlreiche Stiftungsurkunden weitere (fakultative) Stellen vor, denen unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls Organstellung zukommt.
Für den OGH entscheidend für die Frage des Vorliegens eines Stiftungsorgans ist allerdings nicht, ob eine Person oder Stelle in der Stiftungserklärung als Organ bezeichnet ist, sondern „ob den Betroffenen Einflussmöglichkeiten auf die Willensbildung und/oder die Leitung bzw die Überwachung des Stiftungsvorstands zukommen“, wobei nach den Gesetzesmaterialien zum BBG 2011 die stärkste Einflussmöglichkeit, die einem „weiteren Organ“ iSd § 14 Abs 2 PSG zukommen kann, in der Befugnis zur Abberufung des Stiftungsvorstands oder eines seiner Mitglieder liegt.
OGH 16.9.2020, 6 Ob 141/20h
Die im entscheidungsgegenständlichen Fall laut Stiftungsurkunde vorgesehene (gemeinsame) Abberufungskompetenz der beiden Stifter führte also erstens dazu, dass besagtes „Stifter-Gremium“ als Organ anzusehen ist, und damit zweitens zur Legitimation eines einzelnen Stifters als Mitglied dieses Organs, eine gerichtliche Abberufung nach § 27 Abs 2 PSG zu verlangen.
Eine Abberufung ohne Zwischenschaltung des Gerichts, d.h. unmittelbar durch Organbeschluss, wäre freilich nach dem Wortlaut der Stiftungserklärung nur beiden Stiftern gemeinsam möglich.
MMag. Dr. Gerhard Hochedlinger E.M.L.E. ist Rechtsanwalt und Partner bei HLMK Rechtsanwälte GmbH www.hlmk.at