Was Privatstiftungen im Rahmen der Covid-19-Krise beachten und lernen sollten
Die Covid-19-Krise führt zu enormen Belastungen der Wirtschaft und auch zu wesentlichen Gewinneinbrüchen auf den Kapitalmärkten. Diese Gewinneinbrüche sowie auch Mietausfälle bei Zinshäusern stellen auch Privatstiftungen vor besondere Herausforderungen.
Dabei ist in der aktuellen Situation und auch in die Zukunft gedacht aus steuerlicher, rechtlicher, organisatorischer und Kapitalmarkt-Sicht folgendes besonders zu beachten:
Steuerecht:
- Prüfung Herabsetzung der Körperschaftsteuervorauszahlung
Aufgrund der Einbrüche auf den Kapitalmärkten sowie von Mietausfällen bei Zinshäusern sollte geprüft werden, ob infolge von erwarteten Ertragsminderungen bzw. Realisierung von Verlusten eine Herabsetzung der Körperschaftsteuervorauszahlung für 2020 sinnvoll ist. Ein entsprechender Antrag kann bis 31. Oktober 2020 eingebracht werden. - Verlustausgleichsoptimierung
Bei Einkünften aus Kapitalvermögen sollte bereits jetzt auf die Optimierung des Verlustausgleichs geachtet werden. Denn Verluste des Kapitalvermögens können grundsätzlich mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen innerhalb des Kalenderjahres ausgeglichen werden. Ein Verlustvortrag in zukünftige Perioden ist – auch wenn diesbezüglich verfassungsrechtliche Bedenken bestehen – gesetzlich nicht vorgesehen. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass aus steuerlichen Gründen nur die tatsächlich (insbesondere durch Verkauf) realisierten positiven wie auch negativen Wertsteigerungen bei Einkünften aus Kapitalvermögen von Relevanz sind. Bloße Bewertungsgewinne oder -verluste sind steuerlich unbeachtlich.
Auch bei Unternehmensbeteiligungen können zur Abfederung von nachteiligen zivil- und steuerrechtlichen Folgen und zur Optimierung der steuerlichen Verlustverwertung Umstrukturierungen, gezielte Rechtsformplanungen oder die Bildung von Unternehmensgruppen zielführend sein. - Guter Zeitpunkt für Stiftungsauflösungen oder Stiftungserrichtungen?
Im Einzelfall könnte für bestehende Privatstiftungen aufgrund der aktuell niedrigen Bewertung von Vermögenswerten geprüft werden, ob nicht gerade jetzt der richtige Zeitpunkt für eine steuerschonende Auflösung der Privatstiftung ist (insbesondere aufgrund von niedrigen Unternehmenswerten bzw. Portfoliobewertungen). Dasselbe gilt für Substiftungserrichtungen, z.B. im Rahmen von „Stiftungsspaltungen“ oder für Sachzuwendungen an Begünstigte.Die Corona-Krise könnte aber auch Anlass für eine (vorgezogene) möglichst steuerschonende Errichtung von Privatstiftungen bzw. Zuwendung von Vermögenswerten sein (niedrige Bemessung der Stiftungseingangssteuer oder von allfälligen ausländischen Erbschafts-/Schenkungssteuern). Dies gilt auch mit Blick nach Deutschland im Rahmen der Anwendung der Verschonungsregel von Betriebsvermögen im Rahmen der deutschen Erbschafts-/Schenkungsteuer bei entsprechenden Zuwendungen an österreichische Privatstiftungen.
Stiftungsrecht:
- Stiftungsvorstandssitzungen, Beiratssitzungen
Stiftungsvorstandssitzungen sowie auch Beiratssitzungen können grundsätzlich auch über Video- oder Telefonkonferenz Dabei sind die Rahmenbedingungen der Stiftungserklärung sowie eine noch nicht kundgemachte Verordnung der Justizministerin zu beachten. Generell ist aus Gründen der Rechtssicherheit eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren (sofern nach der Stiftungserklärung zulässig) den Vorzug zu geben. Ob Sitzungen des Stiftungsvorstands abgesagt, verschoben oder verlegt werden können, ist ebenfalls entsprechend den Regelungen in der Stiftungserklärung zu beurteilen.
Organisation:
- Zentrales Dokumentenmanagement
Damit auch in Phasen, in denen Bürodienstleistungen heruntergefahren wird und häufig auf Home Office umgestellt wird, der Zugriff auf Unterlagen und Dokumente der Stiftung ungehindert erfolgen kann, ist die dezentrale bzw. digitale Aufbewahrung zu bedenken. - Anlageorganisation
Krisen decken Schwächen von Systemen schonungslos auf. Dies sollte als Chance gesehen werden, bestehende Strukturen zu überdenken und neue Wege zu beschreiten. Stiftungen sollten jetzt die Professionalität der Anlageorganisation steigern, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen und für zukünftige stürmische Phasen gut vorbereitet zu sein.
Kapitalmarkt – Anlageorganisation:
- Überblick
In Phasen erheblicher Marktverwerfungen ist es unerlässlich, den Überblick zu behalten. Konsolidierte Vermögensberichte geben Aufschluss, wie sich die Kursbewegungen auf die Entwicklung und die Allokation des Gesamtvermögens ausgewirkt haben. Kompakte Berichte sollen dem Vorstand rasch einen Überblick ermöglichen, um gegebenenfalls zeitnah Anpassungen vornehmen zu können.
Ein Muster für einen klaren und konsolidierten Bericht finden Sie im Bereich Downloads! - Handlungsbedarf feststellen
Sobald die Unsicherheiten abnehmen und das Bild klarer wird, sollte die Entwicklung analysiert werden. Der Vorstand sollte folgende Fragen stellen: Ist die Erfüllung des Stiftungszwecks gefährdet? Müssen Cash-Flow Planungen angepasst werden? Wurden etwaige statutarische Vorgaben in Bezug auf die Vermögensverwaltung verletzt? Haben die Komponenten des Portfolios die erwarteten Ergebnisse geliefert? Ist die gewählte Strategie weiterhin geeignet, die Anlageziele zu erfüllen? - Risikotransparenz
Nur wenn der Anleger seine Risiken kennt, kann er auch damit umgehen. Häufig werden Produkte bzw. Instrumente eingesetzt, die auf den ersten Blick zu einer falschen Risikoeinschätzung führen können. Als Beispiel dienen strukturierte Produkte mit komplexen Risiko- und Auszahlungsprofilen, Fonds die keinen Einblick in die Referenzwerte zulassen oder Anleihen die mezzaninartige Risiken darstellen.
Mit einer Analyse Ihrer Veranlagungen kommen Sie schnell zu einer Risikotransparenz und können so Gefahren für die Zukunft ausschließen. - Schuldnerqualität
Auf der Suche nach Rendite hat man bei Anleihen eine erheblich reduzierte Schuldnerqualität akzeptiert. Eine Überwachung der Ratingstruktur und deren Auswertungen in Berichten machen die Risiken bewusst. Dies gilt insbesondere auch für Fonds, die in tiefen Bonitätsstufen oft zum Einsatz kommen. - Gegenparteirisiko
Stiftungen sollten prüfen, wo und in welchem Ausmaß Gegenparteirisiken bestehen. Diese können bei Liquidität auf Girokonten gegenüber der Bank bis hin zu ETFs Bei ETFs gibt es Unterschiede in der Art der Umsetzung (Replikation). Bei einer physischen Replikation erfolgt die Nachbildung mit Direktanlagen. Hier entsteht für den Investor kein Gegenparteirisiko. Bei einer synthetischen Replikation erfolgt die Umsetzung mit Derivaten (SWAPs), woraus ein Gegenparteirisiko resultiert. Gegenparteirisiken sind zu identifizieren, zu begrenzen und laufend zu überwachen. - Liquidität der Anlagen
Eine eingeschränkte Liquidität (Handelbarkeit) von Anlagen führt zu reduzierten Handlungsoptionen für die Stiftung. Derartige Anlagen können bei einem Verkauf oft nur mit hohen Abschlägen verkauft In volatilen Marktphasen werden scheinbar liquide Anlagen schnell illiquid. Dies kann beispielsweise bei Fonds, strukturierten Produkten oder auch Anleihen vorkommen. Deshalb sollte die Liquidität bei Ankauf geprüft werden, um illiquide Anlagen zu begrenzen.
Sehr gerne stehen wir auch Ihrer Stiftung zur Seite – auf Ihre Frage freue ich mich unter manfred.wieland@stiftung-nextgen.at!
Die Autoren dieses Beitrages:
Dr. Yvonne Schuchter-Mang, LeitnerLeitner
Dr. Nikola Leitner-Bommer, LeitnerLaw Rechtsanwälte
Mag. Stefan Kargl, LMM Investment Controlling
Mag. Manfred Wieland, Vizepräsident Österreichischer Stiftungsverband, LMM Investment Controlling