Die vergangenen beiden Jahre der COVID-19 Pandemie haben in der Praxis des Autors gezeigt, dass insbesondere seitens österreichischer Familienunternehmen die Nachfrage nach Instrumenten des Vermögensschutzes sowie der generationenübergreifenden Nachfolgeplanung deutlich gestiegen ist.
Die Gründe für diese gestiegene Nachfrage sind nach der Auffassung des Autors dreifach:
- In Bezug auf das gesteigerte Bedürfnis nach Vermögensschutz sind sicherlich die enormen Staatsausgaben der letzten beiden Jahre zu sehen, die Befürchtungen nähren, dass diese Ausgaben über kurz oder lang refinanziert werden müssen.
- In puncto Nachfolgeplanung ist zunächst der unmittelbar anstehende „Generationenwechsel“ innerhalb zahlreicher Familienunternehmen zu erwähnen sowie durch diverse Gerichtsverfahren publik gewordene Beispiele missglückter Generationenwechsel, bei denen oftmals auch österreichische Privatstiftungen involviert waren.
- Damit zusammenhängend ist die mangelnde Flexibilität österreichischer Privatstiftungen zu nennen, die den Anforderungen moderner Familienunternehmen oftmals nicht mehr gerecht werden können, weshalb die wesentlich flexiblere liechtensteinische Stiftung (wieder) in den Fokus des Interesses rückt.
Der gegenständliche Beitrag soll einen kurzen Abriss für Interessierte bieten und versteht sich nicht als abschließende Abhandlung. Es wird daher empfohlen sich für weiterführende Fragen in Bezug auf die (Um-)Strukturierung österreichischer Familienunternehmen über Liechtenstein direkt an ausgewiesene Experten und Expertinnen zu wenden.
Mögliche Holding-Strukturen
Die Liechtensteinische Stiftung
Die österreichische Privatstiftung wurde in den vergangenen Jahren immer unattraktiver für österreichische Familienunternehmen. Dies obwohl unzählige Familienunternehmen in den 1990-er Jahren in österreichische Privatstiftungen eingebracht wurden. Während das österreichische Privatstiftungsrecht anfangs tatsächlich noch viele Vorteile bot (orientierte es sich doch zu einem wesentlichen Teil am liechtensteinischen Stiftungsrecht), änderte sich dies durch die restriktive Rechtsprechung der österreichischen Gerichte sowie die nachteilige Steuergesetzgebung nachhaltig. So wurde der Einfluss des Stifters und der Stifterfamilie auf die Gebarung der österreichischen Privatstiftung zunehmend verunmöglicht, wodurch Stifterfamilien oftmals mit einer Stiftungsverwaltung ausschließlich durch Dritte konfrontiert waren. Eine solche war jedoch bei der Gründung der Privatstiftung in dieser Form oftmals nicht intendiert. Während zu Lebzeiten des Stifters die Zusammenarbeit mit dem von ihm eingesetzten Stiftungsvorstand regelmäßig reibungslos funktionierte, zeigen prominente Gerichtsfälle sowie dem Autor aus seiner Praxis bekannte Schiedsverfahren, dass eine solch friktionsfreie Zusammenarbeit zwischen der dem Stifter nachfolgenden Generation und dem Stiftungsvorstand nicht immer ohne weiteres möglich ist.
Nicht nur für derartige Fälle bietet die liechtensteinische Stiftung einen probaten Ausweg, sondern auch für Familienunternehmen, die erst heute daran denken in die Nachfolgeplanung und den Vermögensschutz zu investieren. Tatsächlich hat das Fürstentum Liechtenstein im vergangenen Jahr immerhin mehr als 250 neu eingetragene Stiftung verzeichnet.
So sind bereits die Errichtung sowie die fortwährende Erhaltung einer liechtensteinischen Stiftung vergleichsweise günstig. Das (verbrauchbare) Mindestkapital beträgt CHF 30.000.- (oder EUR 30.000.- bzw. USD 30.000.-). Darüber hinaus hat die Verwaltung einer liechtensteinischen Stiftung zwingend durch einen berufsmäßigen liechtensteinischen Treuhänder zu erfolgen, wobei hier in der Regel mit einem moderaten jährlichen Grundhonorar zu rechnen ist. Das zweite durch das Gesetz vorgesehene Mitglied des Stiftungsrates kann wiederum jede Person aus dem EWR bzw. der Schweiz sein.
Ein wesentlicher Vorteil der liechtensteinischen Stiftung ist sicherlich darin zu sehen, dass der Einfluss des Stifters sowie der Stifterfamilie auf die Gebarung der Stiftung keinen Einschränkungen unterworfen ist. Es ist sogar möglich, dass der Stifter selbst dem Stiftungsrat der liechtensteinischen Stiftung angehört. Aber auch ein Familienbeirat mit Zustimmungs- bzw. Vetorechten kann nach liechtensteinischem Recht problemlos eingerichtet werden. Abgesehen davon können die Stiftungsdokumente einer liechtensteinischen Stiftung auch einen sogenannten Protektor vorsehen, dem wiederum verschiedenste Kompetenzen zukommen können. Diese reichen von bloßen Zustimmungsrechten bis zu aktiven Weisungsrechten.
In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass ein weitreichender Einfluss des Stifters bzw. ihm nahestehender Personen auf die Stiftungsverwaltung steuerliche Folgen nach sich ziehen kann. Es ist als Besonderheit des Verhältnisses zwischen der Republik Österreich und dem Fürstentum Liechtenstein zu sehen, dass am 1.1.2014 das sogenannte Abgeltungssteuerabkommen in Kraft getreten ist, das es liechtensteinischen stiftungsähnlichen Strukturen mit österreichischen wirtschaftlich Berechtigten erlaubt auf anonymer Basis die anfallende österreichische Steuer abzuführen. Nach eben diesem Abgeltungssteuerabkommen ist eine Stiftung dann als transparent – und somit aus österreichischer Sicht steuerlich inexistent – zu qualifizieren, wenn der Stifter oder ihm nahestehende Personen Mitglied des Stiftungsrates sind, ein nicht auf wichtigen Grund beschränktes Abberufungsrecht des Stifters oder ihm nahestehender Person in Bezug auf den Stiftungsrat besteht, oder aber ein ausdrücklicher oder konkludenter Mandatsvertrag hinsichtlich der Stiftungsverwaltung vorliegt.
Wenn steuerliche Erwägungen für den Stifter bzw. seine Familie keine Rolle spielen, sondern die Beweggründe für eine liechtensteinische Stiftung ausschließlich in der Nachfolgeplanung liegen, dann können die vorangehenden Ausführungen zum Abgeltungssteuerabkommen getrost ignoriert werden. Ansonsten gibt es insbesondere über das Institut des Protektors bzw. des Beirates Strukturierungsmöglichkeiten, die weiterhin einen gewissen Einfluss des Stifters und seiner Familie auf die Stiftungsverwaltung ermöglichen und sich gleichzeitig innerhalb der Vorgaben des Abgeltungssteuerabkommens bewegen.
Im Zusammenhang mit bereits in österreichische Privatstiftungen eingebrachte Familienunternehmen ist erwähnenswert, dass der österreichische Oberste Gerichtshof in nunmehr ständiger Rechtsprechung die Errichtung sogenannter Substiftungen erlaubt, sofern dies die Stiftungsurkunde der österreichischen Privatstiftung zulässt. Dadurch ist auch der Weg zur Errichtung einer liechtensteinischen Substiftung eröffnet, in die vor allem liquide Mittel (Barvermögen und Wertpapiere) oder aber Unternehmensbestandteile eingebracht werden können. Da Liegenschaften ohnehin nach dem „Situs-Prinzip“ besteuert werden und auch der Vermögenschutz aufgrund ihrer Unbeweglichkeit in den Hintergrund tritt, empfiehlt sich deren Einbringung in eine liechtensteinische Substiftung regelmäßig nicht. Da insbesondere bei der Einbringung von Unternehmensanteilen zunächst abzuklären ist inwieweit hier stille Reserven aufgedeckt und so steuerwirksam werden könnten, sind bei derartigen Strukturierungen immer auch steuerliche Erwägungen zu berücksichtigen, weswegen es sich empfiehlt zusätzlich zur rechtlichen Beratung auch österreichische und liechtensteinische Steuerberater beizuziehen.
Privatrechtliche Anstalt und Treuhänderschaft („Trust“)
Zum Abschluss seien an dieser Stelle in aller Kürze und der Vollständigkeit halber auch die liechtensteinische privatrechtliche Anstalt sowie der liechtensteinische Trust erwähnt, zumal dieser immer wieder auch als liechtensteinische Holdings dienen.
Die privatrechtliche Anstalt ist eine Rechtsperson „sui generis“ und daher im Wesentlichen nur dem liechtensteinischen Recht bekannt. Über die Gründerrechte kann der Gründer der Anstalt über deren Gebarung bestimmen. Eine solche Anstalt wird als kapitalgesellschaftsähnlich qualifiziert. Verfügt eine Anstalt über keine Gründerrechte, so wird diese als stiftungsähnlich eingeordnet. Während sich die Anstalt durch noch mehr Flexibilität als die liechtensteinische Stiftung auszeichnet, weist die liechtensteinische Stiftung jedenfalls ein höheres Maß an Rechtssicherheit auf, weil diese auf beinahe hundert Jahren umfangreicher Judikatur und Literatur fußt.
Der liechtensteinische Trust wiederum ist nach anglo-sächsischem Vorbild gestaltet und wird zeitweise auch alleine oder in Kombination mit Stiftungen oder Anstalten zur Strukturierung von österreichischen oder internationalen Unternehmungen verwendet. Der Vorteil des Trusts liegt sicherlich in seiner weltweiten Bekanntheit und ist dieser daher eher für internationale Unternehmensgruppen interessant.
Fazit
Bei der Errichtung liechtensteinischer Stiftungen oder aber anderer Entitäten zu Zwecken der Nachfolgeplanung und des Vermögensschutzes kann es niemals ein Patentrezept bzw. eine „one-fits-all“-Lösung geben. Vielmehr handelt es sich bei jeder Strukturierung um ein Maßprodukt, das auf die besonderen Bedürfnisse der involvierten Personen und Unternehmen anzupassen ist.
In diesem Sinne besteht die Hoffnung des Autors, dass dieser Beitrag die Möglichkeiten für österreichische Familienunternehmen bzw. Unternehmerfamilien im Fürstentum Liechtenstein in der dem Format geschuldeten Kürze aufzeigen konnte und steht der Autor für weiterführende Fragen zur Verfügung.
Dr. Michael Nueber, LL.M. Partner und Rechtsanwalt bei Gasser Partner Rechtsanwälte sowie Öffentlicher Notar im Fürstentum Liechtenstein