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BlogVermögen in der Stiftung

Immobilienbewertung im Stiftungsmanagement – Bedeutung, Methoden und Herausforderungen

Einleitung

Stiftungen verfügen häufig über bedeutende Immobilienvermögen, die entweder dem Stiftungszweck dienen oder als Kapitalanlage genutzt werden. Eine fundierte Bewertung ist entscheidend – etwa für Bilanzierung, strategische Steuerung oder die Berichterstattung gegenüber der Stiftungsaufsicht. Der Beitrag beleuchtet die Rolle der Immobilienbewertung im Stiftungsmanagement und geht auf zentrale Herausforderungen und bewährte Ansätze ein.

Welche beispielhaften Bewertungsanlässe sind im Stiftungswesen denkbar – und warum kommt ihnen besondere Bedeutung zu?

Gründung einer Stiftung: Erstbewertung bei Einbringung von Immobilien in die Stiftung

  • Jährliche Rechnungslegung/Bilanzierung: Regelmäßige Wertermittlungen für die Bilanzierung nach UGB oder IFRS bzw. steuerliche Anlässe
  • Immobilienmanagement: Bewertungen im Zuge der strategischen Vermögenssteuerung (z.  Halten, Entwickeln, Veräußern)
  • Rechenschaftspflicht: Nachweispflichten gegenüber der Stiftungsaufsicht, insbesondere bei Transaktionen mit nahestehenden Personen oder Organmitgliedern
  • Schenkungen und Zustiftungen: Besondere Aufmerksamkeit verdient die Bewertung bei Vermögenszuwächsen – es ist sicherzustellen, dass keine Über- oder Unterbewertungen erfolgen, um haftungsrechtliche Risiken zu vermeiden
  • Auflösung oder Liquidation der Stiftung: Ermittlung des Liquidationswerts zur ordnungsgemäßen Vermögensverwendung im Sinne des Stiftungszwecks oder der Satzung
  • Stiftungsinterne Strukturveränderungen: Etwa bei Satzungsänderungen, Vermögensumschichtungen oder Umwandlungen, bei denen die Bewertung als Entscheidungsgrundlage dient
  • Wirtschaftlich bedeutende Einzelmaßnahmen: Etwa bei größeren Investitionen, Grundstücksverkäufen oder Beteiligungserwerben, um eine fundierte Grundlage für die Gremienentscheidungen zu schaffen

Die Wahl der geeigneten Bewertungsmethode hängt maßgeblich vom Bewertungsanlass sowie vom Immobilientyp ab und richtet sich in Österreich an die Bestimmungen des Liegenschaftsbewertungsgesetz (LBG) sowie einschlägigen ÖNORMEN.

Herausforderungen und Besonderheiten

Die Immobilienbewertung im Stiftungsumfeld ist durch einige Spezifika gekennzeichnet:

  • Langfristigkeit der Bindung: Stiftungen denken und wirtschaften langfristig. Eine kurzfristige Marktbetrachtung kann zu verzerrten Einschätzungen führen.
  • Ethische und soziale Zielsetzungen: Mieten werden oft bewusst unter dem Marktpreis angesetzt, was sich auf den Ertragswert auswirkt. Derartige Wertminderungen sind dokumentations- und argumentationspflichtig.
  • Rechtsformbedingte Einschränkungen: Die fehlende Möglichkeit der Gewinnausschüttung sowie die Pflicht zur dauerhaften Vermögenserhaltung schränken die Marktgängigkeit der Immobilien in Teilen ein – ein Aspekt, der auch im Bewertungsprozess zu berücksichtigen ist.
  • Fehlendes systematisches Controlling: In vielen Stiftungen fehlt bislang ein strukturiertes Immobiliencontrolling, das über die bloße Verwaltung hinausgeht. Dabei ist gerade ein integratives Controlling-Instrumentarium notwendig, um eine fortlaufende Bewertung mit wirtschaftlichen Kennzahlen (wie z.B. KapitalbindungsdauerRenditeentwicklungenCashflow oder Instandhaltungsquoten) zu verbinden.

Ein gut implementiertes Immobiliencontrolling kann nicht nur die Transparenz und Steuerungsfähigkeit erhöhen, sondern liefert auch entscheidende Anknüpfungspunkte für die sachgerechte Bewertung. Beispielsweise unterstützen aktuelle KPI wie z.B. Nettokaltmiete pro QuadratmeterLeerstandsquoteRestnutzungsdauer oder Instandhaltungsrückstau die Ableitung marktgerechter Parameter im Ertragswertverfahren. Gleichzeitig lassen sich daraus Rückschlüsse auf die Investitionsplanung und auf strategische Finanzierungsfragen ziehen.

Fazit:

Die Immobilienbewertung im Stiftungsmanagement erfordert immobilienwirtschaftliche, rechtliche und stiftungsspezifische Expertise. Standardverfahren stoßen durch besondere Zweckbindungen oft an Grenzen. Umso wichtiger ist eine angepasste, transparente Bewertung, die der Rechnungslegung und dem Stiftungszweck dient. Ein zukunftsweisender Ansatz ist der Aufbau eines Immobiliencontrollings als Bindeglied zwischen Bewertung, Vermögenssteuerung und Strategie. Professionalisierung erhöht die Anforderungen an Nachhaltigkeit und Transparenz – KPI-basierte Berichte und fundierte Gutachten werden zum Schlüssel moderner Stiftungsführung.

Der Autor:

Ass.-Prof. Dr. Gramann ist Assistant Professor für Immobilienmanagement an der Privatuniversität Schloss Seeburg und Geschäftsführer der FIIMAK Akademie für Finanzen, Immobilien und Management GmbH sowie selbständiger Immobilien- und Unternehmensberater.

Mail an: markus.gramann@uni-seeburg

Tel. +43 676 7901886