Vor mehr als 25 Jahren wurde in Österreich das Privatstiftungsgesetz erlassen und damit die Basis für viele Stiftungsgründungen in den Folgejahren gelegt. Konzipiert ist die Stiftung als eigentümerloser Rechtsträger unter Selbstkontrolle des Vorstandes. Auch wenn rechtlich diese Form vorgesehen ist, versteht sich häufig der Stifter als derjenige, der die Geschicke der Stiftung leitet – sei es durch in der Urkunde vorgesehene Rechte oder durch sein faktisches Handeln. Mit dem Engagement der Stiftergeneration wurde das Wohl und das Gedeihen vieler Stiftungen sichergestellt.
28 Jahre nach Inkrafttreten des Privatstiftungsgesetzes schwinden nun bei Stiftern die Kräfte, ihre Stiftungen zu führen, und der Wechsel zur nächsten Generation steht an. Dabei handelt es sich aber nicht nur um die viel zitierte nächste Generation, sondern wir sehen heute schon die heranwachsende dritte Generation, die auch ihren Platz finden sollte. So stehen wir nun vor der Situation, dass in einer eigentümerlosen Hülle Vermögen liegt und dies dann drei Generationen und mehreren Stämmen zum gemeinsamen Wohl dienen soll. Die Kombination aus einer eigentümerlosen Hülle, die der Selbstkontrolle des Vorstandes unterliegt, und mehreren Generationen und Stämmen, die häufig divergierende Interessen haben, erschwert das Manövrieren einer Stiftung, da unterschiedlichste Interessen befriedigt werden sollen – und dies noch erschwert durch die Haftungsproblematik, die den Vorstand trifft.
Was lehren uns Geschicke unterschiedlichster Familien? Einerseits zeigen sehr viele Studien, dass Familienvermögen nicht durch unternehmerische oder veranlagungstechnische Fehlentscheidungen vernichtet wird, sondern Unruhe in der Familie Familienvermögen mindert. Gleichzeitig zeigen uns auch viele Familien über mehrere Generationen, dass ein Miteinander möglich ist.
Was kann man von Familien lernen, die unterschiedliche Interessen über mehrere Generationen handhaben? Es sind zwei Pfeiler, auf denen der Erfolg langjähriger Stiftungen basiert. Einerseits ein Regelwerk, wie die Familie miteinander umgeht und andererseits ein System, das Transparenz schafft und die Entscheidungen der Stiftung kontrolliert und bewertet.
Das Regelwerk der Familie, eine Art Familienvereinbarung, ist ein von der Stifterfamilie freiwillig entwickeltes Regelwerk, das den Umgang der Familie mit der Stiftung festschreibt. Es dient der Konfliktvermeidung und ist bei wachsenden Familien ein gern eingesetztes Instrument zur Sicherung der Unternehmensstruktur, der gemeinsamen Werte und Ziele, aber auch ein Instrument zur Nachfolgeplanung. Erwartungshaltungen und Werte divergieren oftmals. Klare Regeln, wofür die Stiftung steht und welche Ziele sie verfolgt, wer künftig im darunter liegenden Unternehmen mitarbeiten darf und welche Ausschüttungspolitik es geben soll, bringen Struktur und Transparenz und geben Sicherheit.
Neben dem Regelwerk der Familie ist begleitende Kontrolle im Sinne eines Compliance Berichtes wesentlich. In diesem Bericht wird das gesamte Wirken der Stiftung überwacht und beurteilt. Dies beginnt bei der Einhaltung von notwendigen Entscheidungsschritten über die Qualität der Veranlagungen bis hin zur Kontrolle der WiEReG Meldungen oder auch der Marktkonformität von Bezahlungen für Leistungen von Beratern und Vorständen.
Mit einem umfassenden Reporting und Controlling der Aktivitäten einer Stiftung gewinnen sämtliche Stakeholder Sicherheit und Vertrauen in die Stiftung. Transparenz vermeidet Streit und erhöht die Qualität der Entscheidungen. Dem Vorstand hilft ein Compliance Bericht bei anstehenden Entscheidungen und weist auf mögliche Problemfelder hin.
Aber nicht nur Familien können ein gutes Vorbild für langfristigen Erfolg einer Stiftung sein. Auch die öffentliche Hand hat früh erkannt, dass durch einen Verhaltenskodex positives und transparentes Wirken einer Stiftung der öffentlichen Hand sicher gestellt werden kann. Sie finden den Bundes-Public Corporate Governance Kodex unter „Governance Kodex„.
Abschließend kann klar gesagt werden, dass der langfristige Erfolg einer Familienstiftung auf den zwei Pfeilern Familienvereinbarung und Compliance Bericht aufbaut.
Mag. Manfred Wieland, ESIA (manfred.wieland@stiftung-nextgen.at): Gründer, Geschäftsführer der Plattform stiftung-nextgen und Director der LMM Investment Controlling AG. Als Stiftungsexperte in unterschiedlichen Funktionen beratend für Stiftungen tätig.
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