JULIUS BÄR (SCHWEIZ)
2020 markiert das Ende der neoliberalen Ära und den Beginn eines Systems, das wir als staatlich unterstützten Kapitalismus bezeichnen. Covid-19 beschleunigt diesen Wandel. Die Zentralbanken greifen massiv an den Kapitalmärkten ein und die Regierungen setzen laufend neue fiskalpolitische Impulse. Damit verlieren wir allmählich die freien Märkte; politische Signale erhalten mehr Gewicht als Marktindikatoren. Das erschwert die gewinnbringende Umsetzung taktsicher Maßnahmen und erhöht den Wert einer strategischen Asset Allocation, die sich an langfristigen Trends orientiert: Chinas Aufstieg zu einer Kernanlageklasse, Umbrüche in der Life-Science-Branche und Energie im Überfluss.
Das Gesamtbild – eindämmen und heilen:
- Nach dem beispiellosen exogenen Schock 2020 dürfte die Gesundheitskrise im Jahre 2021 eingedämmt werden. Anhaltende Unterstützung durch die Politik dürfte für einen dauerhaften Aufschwung sorgen.
- Wir gehen davon aus, dass die weltweite Wirtschaftsleistung im zweiten Halbjahr 2021 wieder Vorkrisenniveau erreicht, wobei der Aufschwung unterschiedlich schnell verlaufen dürfte: China ist bereits im zweiten Halbjahr 2020 an diesem Punkt angelangt, die USA dürften Mitte Jahr folgen, während die Eurozone, Japan und die meisten Schwellenländer wahrscheinlich hinterherhinken werden.
- Die neue US-Regierung mag die Beziehungen zu ihren internationalen Partnern wohl verbessern, viele Spannungen werden jedoch bestehen bleiben.
Wettbewerb USA China – Wachstumsschub zu erwarten
Der Aufstieg Chinas zu einer wirtschaftlichen Supermacht bedeutete für China und die USA gegenseitigen „Sputnik-Schock“.
- Längerfristig dürfte ein intensiver Wettbewerb die Innovationstätigkeit beider Nationen weiter anheizen und damit das Wirtschaftswachstum steigern.
- Die rasche Konjunkturerholung nach der Covid-19-Pandemie, die Verbesserung der Beziehungen zwischen den USA und China und der neue chinesische Fünfjahresplan sprechen zusätzlich für ein breites Engagement in China.
- Die US-Wirtschaft dürfte ebenfalls von ihrer starken Position profitieren. Unserer Einschätzung nach wird das Wachstum anziehen und zyklische Sektoren dürften sich überdurchschnittlich gut entwickeln.
Bewertungen – alles teuer
- Nach der Erholung der Finanzmärkte im zweiten Halbjahr 2020 und in Anbetracht der globalen Unwägbarkeiten erschienen die Bewertungen in allen Anlageklassen nach traditionellen Maßstäben hoch.
- Wir glauben jedoch, dass sie die Gesamtsituation nicht angemessen widerspiegeln, und sehen weiterhin attraktiv bewertete Gelegenheiten
- Investieren bei niedrigen Bewertungen gleicht dem Schwimmen mit dem Strom. Bei hohen Bewertungen hingegen schwimmt man gegen den Strom.
Geringe Wahrscheinlichkeit, große Wirkung – drei „Was wäre, wenn“ Fragen für 2021
- Was wäre, wenn es zu einem weltweiten Internet- und Infrastrukturausfall käme? Die Lieferketten würden unterbrochen, Bargeld auf der Bank wäre nicht mehr verfügbar, die Krankenhäuser hätten keinen Zugang mehr zu wichtigen Daten, es käme zu Verkehrsstaus und Flugzeuge müssten am Boden bleiben.
- Was wäre, wenn sich die Welt sehr rasch von Covid-19 erholte? Die Inflation würde Anfang 2021 steigen und die BIP Werte wieder Vorkrisenniveau erreichen.
- Was wäre, wenn die Welt das Problem des Klimawandels entschlossen anginge? Die Unternehmen würden ihre Produktion so umstellen, dass sie nachhaltig wird, und die größten Umweltsünder unter den Nationen würden sich zu Zielen zur raschen CO2 Reduktion verpflichten.
UBS (SCHWEIZ)
Erneutes Wachstum
Wir glauben, dass die Zulassung und Markteinführung eines Coronavirus-Impfstoffs bis zum 2. Quartal, der Kurs der Fiskalpolitik sowie das in einer Pattsituation der Legislative resultierende Votum der US-Wähler dazu führen werden, dass sich bis zum Jahresende die Unternehmensgewinne in den meisten Regionen auf Niveaus wie vor der Pandemie erholen können. Wir gehen auch davon aus, dass konjunktursensitivere Märkte und Sektoren, von denen sich viele 2020 eher schwächer entwickelt haben, im Jahr 2021 eine Outperformance erzielen werden. Unsere bevorzugten Bereiche sind unter anderem Small und Mid Caps, ausgewählte Finanz- und Energiewerte sowie die Sektoren Industrie und zyklische Konsumgüter.
Wie schnell wird sich die Weltwirtschaft erholen?
Wir erwarten, dass die weltweite Wirtschaftsleistung und die Unternehmensgewinne bis Ende 2021 wieder das Niveau von vor der Pandemie erreichen. Dies dürfte konjunkturempfindlichen Märkten und Sektoren eine Outperformance ermöglichen. Ein beschleunigter Wandel bedeutet aber auch, dass es wichtig ist, in strukturellen Wachstumswerten engagiert zu bleiben.
2020 wird eines der schlechtesten Jahre für die Weltwirtschaft seit über 70 Jahren sein. Unseres Erachtens wird China als einzige große Volkswirtschaft wachsen. Für die US-Wirtschaft gehen wir von einem Wachstumsrückgang um rund 4% aus, wobei die Industrieländer insgesamt und die Schwellenländer ohne China wohl um 5% bis 6% schrumpfen werden.
Danach erwarten wir aber, dass 2021 das Jahr der Erneuerung werden wird. In China hat sich die Wirtschaftstätigkeit bereits weitgehend normalisiert. Nach ermutigenden ersten Daten über die Wirksamkeit von Impfstoffen bleiben wir zuversichtlich, dass Impfungen bis zum 2. Quartal 2021 allgemein verfügbar sein werden. Dies dürfte zu einer nachhaltigen Erholung in Europa und den USA beitragen. Falls sich dies bewahrheitet, sollten sich die Unternehmensgewinne rasch wieder erholen. Wir erwarten, dass die Gewinne in den Industrieländern im Jahr 2021 ungefähr den Stand von 2019 erreichen werden. Gleichzeitig rechnen wir damit, dass die Unternehmen der Schwellenländer im Jahr 2021 rund 15% mehr verdienen werden als 2019, was durch das robuste Gewinnwachstum in Asien ermöglicht wird.
Eine Wiederbelebung der Wirtschaft und des Wachstums der Unternehmensgewinne dürfte auch eine erneute Outperformance der zyklischen Unternehmen und Märkte bedeuten, die sich 2020 unterdurchschnittlich entwickelt haben. Insbesondere erkennen wir ein Aufwärtspotenzial bei Small und Mid Caps, ausgewählten zyklischen Werten (vor allem in den Sektoren Industrie und zyklische Konsumgüter) und den Märkten außerhalb der USA.
Was wird nach der Erholung anders sein?
Durch die Pandemie wurde unsere Welt sowohl digitaler als auch lokaler. Nicht alle Unternehmen und Menschen werden in der Lage sein, sich daran anzupassen. Wir denken zwar, dass sich eine Investition in Unternehmen, die von einer zyklischen Erholung profitieren, für Anleger kurzfristig auszahlen sollte. Dies muss jedoch mit einem Engagement in den Disruptoren einhergehen, die den technologischen Wandel im bevorstehenden Jahrzehnt vorantreiben werden, so zum Beispiel 5G, Fintech, Healthtech und Greentech.
Wie weiter mit der Wirtschaftspolitik?
Wir erwarten, dass die Zinssätze 2021 niedrig und die Staatsausgaben hoch bleiben. Dies dürfte sich für Aktien und Anleihen als hilfreich herausstellen und zu einem schwächeren US-Dollar beitragen.
2020 kam es zu einer bisher beispiellosen Verschmelzung von Geld- und Fiskalpolitik: Zur Finanzierung von sozialen Hilfspaketen gingen Regierungen im Laufe des Jahres ein Gesamtdefizit von über 11% des weltweiten BIP ein, während die fünf größten Zentralbanken der Welt Geld im Gesamtumfang von USD 5 Bio. druckten. Auch 2021 werden die Regierungen unserer Meinung nach in die Bresche springen müssen, bis ein Impfstoff die Rückkehr zu einer normal funktionierenden Wirtschaft ermöglicht. Wir erwarten auch, dass die Zentralbanken die Zinsen niedrig halten werden, um das Wachstum und die Inflation zu unterstützen.
Was erwartet die USA?
Wir erwarten, dass fiskalpolitische Impulse und die Markteinführung eines Impfstoffes die Konjunkturerholung vorantreiben und eine Outperformance von Mid Caps sowie ausgewählten zyklischen Sektoren gegenüber Large Caps bewirken werden. Der US-Dollar wird nach unserer Meinung abwerten.
Wir gehen von drei wesentlichen Folgen aus:
– Fiskalische Impulse dürften Mid Caps stärken. Die neue Regierung wird unseres Erachtens in der Lage sein, ein weiteres Coronavirus-Hilfspaket im Umfang von USD 500 Mrd. bis USD 1 Bio. bzw. rund 2,5% bis 5% des BIP zu schnüren. Dies sollte dem Konsum und dem Geschäftsklima zugutekommen und am Markt einen Favoritenwechsel von Large Caps zu Mid Caps auslösen. Gewinne von Mid Caps reagieren stärker auf eine Konjunkturerholung. Wir erwarten, dass sie im Jahr 2021 ungefähr doppelt so schnell wie die Gewinne von Large Caps wachsen werden.
– Ein höheres Defizit wird wohl den US-Dollar schwächen. Wir rechnen damit, dass höhere Staatsausgaben durch ein steigendes Defizit und nicht durch zusätzliche Steuern finanziert werden. Obschon die Ausgaben kurzfristig überwiegend durch inländische Ersparnisse finanziert werden können, rechnen wir dann im Zuge einer beginnenden Erholung in 2021 mit steigenden Ausgaben des Privatsektors. Dadurch wird sich das Leistungsbilanzdefizit ausweiten, was einen niedrigeren US-Dollar erfordert, um Finanzierungsmittel aus dem Ausland anzuziehen.
– Die Rivalität mit China sollte berechenbarer werden. Die Biden-Regierung wird unseres Erachtens den Ansatz der USA in der Außenpolitik erneuern, was insbesondere die Beziehungen mit Europa verbessern sollte. Grundsätzlich wird zwar die geostrategische Rivalität zwischen den USA und China bestehen bleiben. Nach unserem Dafürhalten ist die neue Regierung indes weniger bereit, Zölle als außenpolitisches Instrument zu nutzen. Verringerte Handelsspannungen sollten die Konjunkturerholung unterstützen und unsere Präferenz für zyklische Unternehmen, also beispielsweise Industriewerte, untermauern.
Wie weiter mit US-Technologiewerten?
Nach einer Rally von über 50% im Jahr 2020 machen allein die fünf größten US-Technologieunternehmen inzwischen einen Achtel des MSCI AC World Index aus. Das ist mehr als die Marktkapitalisierung von China, Großbritannien und der Schweiz zusammen. Wir erwarten, dass der Technologiesektor weiterhin von einem starken langfristigen Wachstum der digitalen Werbung, des E-Commerce, des Cloud Computing und der Markteinführung von 5G profitieren wird.
LLB (LIECHTENSTEIN)
Für 2021 rechnen wir global mit einer stetigen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit, bedingt durch die allmähliche Verbreitung von COVID-19-Impfstoffen. Die Zentralbanken werden die Zinsen noch geraume Zeit in der Nähe der Null-Linie halten. Die Staaten werden dieses optimale Finanzierungsumfeld nutzen und angesichts erhöhter Arbeitslosenquoten die Budgetkonsolidierung noch eine Weile aufschieben. Gemeinsam mit dem Umstand, dass sich die Weltwirtschaft in der Frühphase eines neuen Konjunkturzyklus befindet, führt zukünftig kein Weg an Sachwerten vorbei. Unter diesen schätzen wir Aktien derzeit am attraktivsten ein, zumal deren Kurse in den nächsten Monaten der positiven Gewinnentwicklung der Unternehmen folgen und weniger auf die im historischen Vergleich teure Bewertung Rücksicht nehmen sollten. Die ambitionierten Gewinnschätzungen von über +25 % für 2021 könnten zwischenzeitliche Korrekturen auslösen, weshalb die LLB ein diversifiziertes Portfolio mit effizienten Absicherungen empfiehlt. Besonders gefallen uns aktuell Immobilienaktien aus den Sektoren Retail und Office, da sie nach einem schwachen Jahr 2020 durch die schrittweise Rückkehr zur Normalität einen markanten Performanceschub erhalten sollten. Auch viele Schwellenländer dürften überproportional vom Ende der Corona-Maßnahmen profitieren. Deshalb gefallen uns Emerging-Markets-Anleihen im Rentensegment derzeit am besten.
OBERBANK (ÖSTERREICH)
Mit 2020 liegt wohl das herausforderndste Jahr als Investor aber auch als Bürger der jüngsten Zeitgeschichte hinter uns. Die Vorzeichen stehen allerdings gut, dass 2021 sowohl in Bezug auf die Kapitalmärkte als auch im alltäglichen Leben wieder eine gewisse Normalisierung mit sich bringen wird.
2020 – ein turbulentes Jahr
Bevor wir unsere Gedanken zum bevorstehenden Jahr präsentieren, lohnt sich ein kurzer Rückblick auf ein historisches Jahr 2020, welches uns allen in vielerlei Hinsicht in Erinnerung bleiben wird. Es hätte wohl niemand für möglich gehalten, dass ein Virus die Weltbevölkerung in Geiselhaft nimmt und mittlerweile Maskenpflicht, Grenzschließungen oder Ausgangsbeschränkungen zum alltäglichen Leben dazugehören.
Nicht nur im persönlichen Bereich, sondern auch als Anleger sah man sich mit außergewöhnlichen Erfahrungen konfrontiert. So sind Tagesverluste im zweistelligen Bereich bei internationalen Aktienindizes oder ein kurzfristig negativer Ölpreis nur beispielhaft für die gewaltigen Marktverwerfungen im abgelaufenen Jahr zu nennen. Auf den schnellsten Bärenmarkt der Geschichte mit Verlusten von über 30% bei Weltaktien folgte eine ähnlich rasante Erholung in den Folgemonaten – es schien bzw. scheint, als ob wir einen im Normalfall mehrjährigen Investmentzyklus im Zeitraffermodus durchlaufen. Die beispiellose Geschwindigkeit der Bewegungen bzw. die zahlreichen marktverändernden Schlagzeilen ließen die Anleger kaum zu Atem kommen. Angesichts der rasanten Erholung der letzten Monate ist die Ausgangslage für das bevorstehende Anlagejahr durchaus komplex.
Licht am Ende des Tunnels in Sicht
Auch wenn wir alle bereits das Ende der Pandemie herbeisehnen, so wird auch das kommende Anlagejahr noch ganz klar im Zeichen von COVID-19 stehen. Die europaweiten Lockdowns veranschaulichen nur zu gut, dass noch schwierige Monate auf uns zukommen werden. Anders als im vergangenen Jahr nimmt mit dem Start der weltweiten Impfkampagnen der Ausweg aus der Pandemie jedoch konkretere Formen an – wir stehen hoffentlich am Anfang vom Ende der Pandemie und somit wird das Licht am Ende des Tunnels von Tag zu Tag heller. Mit dem Beginn der wärmeren Jahreszeit dürfte wohl spätestens im Sommer der Großteil der gegenwärtigen Einschränkungen wegfallen. Das Virus wird dennoch nicht von der Bildfläche verschwinden. Viel wichtiger für die Kapitalmärkte bzw. die Wirtschaft wird allerdings die Verhinderung einer neuerlichen Infektionswelle im Herbst 2021 sein, was angesichts laufender medizinischer Fortschritte durchaus realistisch erscheint.
Einhergehend mit der potentiellen Rückkehr zur „Normalität“ stehen auch die Vorzeichen für eine kräftige wirtschaftliche Erholung gut. Diese zweifelsohne optimistischen Erwartungen beruhen auf den Erfahrungen, welche wir heuer nach dem ersten Lockdown sammeln konnten. Egal, ob in den USA oder in Europa, es folgte dem stärksten wirtschaftlichen Einbruch im 2. Quartal der stärkste Wiederanstieg des Wirtschaftswachstums im Folgequartal. Auch wenn die gegenwärtigen Lockdowns die wirtschaftliche Erholung erheblich bremsen, so dürfte der negative Effekt deutlich geringer als noch vergangenes Frühjahr sein. Zahlen des deutschen Verkehrsministeriums zeigen beispielsweise, dass die LKW Fahrleistung, welche ein guter Indikator für die Industrieproduktion ist, vom Lockdown unbeeindruckt blieb und zuletzt sogar die Vorkrisenniveaus überstieg. Die Konjunktur dürfte somit nach dem Auslaufen der Einschränkungen erneut rasch anspringen und könnte 2021 daher positiv überraschen.
Neben den bereits angesprochenen Aspekten sollten die Kapitalmärkte 2021 allen voran vom erhöhten Rückenwind der Geld- und Fiskalpolitik weiter profitieren. Die großen Zentralbanken haben auch in den letzten Wochen untermauert, dass 2021 mit Sicherheit kein Ende der Geldschwemme bzw. Niedrigzinsen zu erwarten ist. Auch die Politik wird ungeachtet der ausufernden Staatsverschuldung weiterhin den Unternehmen bzw. Haushalten mit großzügigen Stützungsmaßnahmen zur Seite stehen.
In puncto Politik muss auch die geänderte geopolitische Lage erwähnt werden. Auch wenn Joe Biden nicht umgehend die in den letzten Jahren aufgebauten Handelsbarrieren abbauen wird, so können sich die Handelspartner und im Besonderen Europa auf einen berechenbareren und gemäßigteren Gesprächspartner freuen. Selbst der Brexit, welcher uns mittlerweile seit 2016 beschäftigte, wurde nun mit der Verabschiedung eines neuen Handelspaktes letztlich „versöhnlich“ vollzogen.
Ein stabileres politisches Umfeld sollte somit ebenfalls für ein freundliches Börsenumfeld 2021 sorgen.
Die jüngste Vergangenheit hat uns gelehrt, dass neben Optimismus auch eine gehörige Portion Realismus eine wichtige Tugend ist. Man sollte daher die Risiken nicht gänzlich außer Acht lassen, welche unseren positiven Ausblick erheblich trüben könnten. Vor allem die Pandemie und damit einhergehende Probleme in der wirtschaftlichen Erholung oder eine potentiell erhöhte Inflation sind beispielhaft als Stolpersteine zu nennen. Die letzten Jahre haben allerdings bewiesen, dass mittlerweile die Politik, Notenbanken und die Unternehmen krisenerprobt sind und sich die Reaktionsfähigkeit auf etwaige Gefahren wesentlich verbessert hat – damit einhergehend bietet für uns das aktuelle Umfeld ein attraktives Chancen-Risiko-Verhältnis.
Blick nach vorne gerichtet
Auch wenn die rasante Erholung der letzten Monate das mittelfristige Ertragspotential etwas geschmälert hat, so bleiben unsere Erwartungen für 2021 positiv. Nach der starken Rezession befinden wir uns gegenwärtig in der Frühphase eines neuen Aufschwunges. Ein robustes Wachstum, begleitet von niedrigen Zinsen und kaum Inflation, war in der Vergangenheit stets ein guter Nährboden für positive Aktienmarktentwicklungen. Obwohl mit einer geringeren Dynamik als noch in den letzten Monaten zu rechnen ist, dürften Aktien aus unserer Sicht der primäre Ertragstreiber im Portfoliokontext werden.
Demgegenüber hat sich die Situation im Anleihesegment kaum verändert – die Suche nach attraktiven Renditen gestaltet sich zusehends schwieriger. In diesem Zusammenhang setzen wir weiterhin auf solide Unternehmensanleihen als Portfoliostabilisator und sehen zudem Ertragspotential bei Schwellenländeranleihen.
Auch Gold wird weiterhin eine gewichtige Rolle in unseren Portfolien spielen und einhergehend mit einer soliden wirtschaftlichen Erholung könnten auch Rohstoffe im kommenden Jahr durchaus positiv überraschen.
Trotz der verbreiteten Zuversicht für 2021 müssen wir uns immer in Erinnerung rufen, dass die Börse keine Einbahnstraße ist und vermutlich auch in den kommenden Monaten viele Unwegsamkeiten auf uns warten werden. Ein überlegter Anlageprozess und hohe Diversifikation werden somit auch künftig von erheblicher Bedeutung bleiben.
Letztlich ist die Zukunft ohne Kristallkugel nicht vorhersehbar. Ungeachtet dessen bestehen aus unserer Sicht jedoch genügend Gründe, um unseren Blick optimistisch nach vorne zu richten.
KATHREIN PRIVATBANK (ÖSTERREICH)
Während die Aktienindizes in den USA bereits wieder neue Höchststände erreichen konnten, hinken andere Regionen dieser Entwicklung deutlich hinterher. Vor allem in Europa sind die Indizes noch weit von ihren All-Time-Highs entfernt. Dies könnte sich aufgrund der bereits Anfang Oktober abzeichnenden Rotation weg von Growth- hin zu Value-Titeln ändern. Die Analysten gehen von einer relativ starken Erholung der Gewinne in den zyklischen Sektoren aus. Diese Erwartungen sollten nicht enttäuscht werden, da ansonsten die Kursrallye sehr schnell wieder vorbei sein kann.
Die bereits im Aufwind befindlichen ESG-Investments werden durch den neuen US-Präsident Biden und seinem “New Green Deal” neuerlichen Rückenwind gewinnen, auch der mit 2021 sukzessiv in Kraft tretende EU-Taxonomy Plan wird für weitere positive Dynamik sorgen. Dabei stehen insbesondere die Sektoren der Mobilität, Infrastruktur als auch jener der Energie im Fokus. Zusätzlich ist mit einem erhöhten Grad der Differenzierung zu rechnen, so könnten Unternehmen künftig nach ihrem Beitrag zu den Klimazielen eingestuft werden. Vorerst hat sich die Bezeichnung “nachhaltig, neutral und negativ” etabliert. Das könnte mitunter spürbaren Druck auf Aktien auslösen, welche mit letzteren Rating gekennzeichnet wurden.
Das geldpolitische Umfeld ist weiterhin Haupteinflussfaktor auf alle Anleiheklassen. Während vor allem in Europa Staatsanleihen weiter negative Renditen aufweisen, sehen sich jene von Schwellenländern (Emerging Markets) zunehmends gefragt. Investitionen in Lokalwährungen könnte vor allem für Euro-Investoren günstig sein, welche von einer starken Heimatwährung profitieren.
In den kommenden Monaten werden wir auch weiterhin noch von „Corona“ begleitet werden und somit ist auch 2021 mit einigen Aufs und Abs an den Finanzmärkten zu rechnen, denn die ökonomischen Folgewirkungen der Pandemie sind nach wie vor nur schwer abschätzbar. Insgesamt jedoch sind die Parameter (geldpolitische Unterstützung gepaart mit der konjunkturellen Erholung) für eine weitere positive Entwicklung an den Aktienmärkten günstig. Der Teufel steckt aber bekanntlich im Detail. Aktives (Risiko-) Management ist in Zeiten von Null- bzw. Negativzinsen und hohen Aktienbewertungen besonders wichtig.
Trend 1) Value & Growth: die Mischung macht´s
Auf der Aktienseite erwarten wir, dass die Sektor Rotation, die in den letzten Wochen von 2020 schon eingesetzt hat, anhalten wird. Generell sind Value-Aktien momentan massiv unterbewertet, weshalb wir davon ausgehen, dass vor allem zyklische Value-Aktien relativ stärker zulegen werden als Growth-Aktien. Wenn die Unternehmen in diesem Jahr ihre Gewinne bekannt geben, wird es für Value-Aktien leichter sein, ihre glanzlosen Zahlen für 2020 zu übertreffen. Höheres globales Wachstum sollte dabei der größte Treiber sein. Value-Unternehmen sind generell konjunktursensibler und erzielen meist zu Beginn einer wirtschaftlichen Erholung höhere Gewinne. Die Einführung eines Impfstoffs dürfte auch zu einer geringeren Nachfrage nach Gewinnern der Covid-19 Pandemie führen, zu denen einige der wachstumsstärksten Unternehmen (Growth-Aktien) gehören, die jetzt zu sehr hohen Bewertungen gehandelt werden. Ein weiteres Charakteristikum der Value Aktien sind in der Regel hohe Dividendenzahlungen. Während der Krise haben Kürzungen oder teilweise gänzlichen Aussetzungen von Dividendenzahlungen zu überdurchschnittlich hohen Kursverlusten geführt. Dieser Trend dürfte sich nun umkehren und Value-Titeln stützen.
Zusammengefasst: Nicht jeder Growth-Titel ist überbewertet, nicht jede Value-Aktie ein lohnendes Investment. Wir sehen kein generelles Aus für die Growth-Aktien, aber die Wahrscheinlichkeit einer relativen Outperformance von Value-Aktien gegenüber Growth-Aktien nach mehr als zehn Jahren nun immer größer wird.
Trend 2) Qualität & Nachhaltigkeit: ESG weiterhin im Aufwind
Nachhaltiges, soziales- und verantwortungsvolles (ESG- Environmental, Social, Governance) Investieren konnte besonders im letzten Jahr beweisen, was die Empirie seit längerem predigt: eine Outperformance bei gleichzeitig geringerer Volatilität und höherer finanziellen Belastbarkeit. Das gilt jedoch nur für jene Unternehmen welche auch tatsächlich ESG-konform sind. Die qualitative Selektion und kritische Betrachtung tragen maßgeblich dazu bei, sich vor dem „Green Washing“ zu schützen. Hierbei versuchen Unternehmen ihren Absatz durch reine PR Aktionen und vermeintlich besonders nachhaltige Produkte & Dienstleistungen zu erhöhen. Wer sich solche Aktien ohne größere Recherche ins Portfolio holt, dem wird nicht nur die attraktive Rendite, sondern auch der soziale und ökologische Mehrwert ausbleiben. Politisch steht Das Jahr 2021 ganz unter dem Stern der Nachhaltigkeit. Neben dem schrittweise Inkrafttreten des Taxonomy Plans der Europäischen Union zur Steuerung eines ökologisch und sozial verträglichen Wirtschaftswachstums wird auch der designierte US-Präsident Biden, nun auch mit einer Mehrheit im Senat, weiter Ankündigungen für seinen „New Green Deal“ bekanntgeben und vermutlich schon vieles davon rasch umsetzen. Die mögliche Verlängerung von Steuergutschriften für Investitionen in erneuerbare Energien und der massive Ausbau nachhaltiger Infrastruktur lassen ein weiteres Steigen von Solar/Wind und Co2 neutraler Mobilitäts-Aktien erwarten. Weitere Förderungen für Forschung und Entwicklung werden diese Trends zusätzlich verstärken.
Trend 3) Emerging Markets (EM) Lokalwährungen (LC)
Innerhalb des Anleihenportfolios gehen wir davon aus, dass in einem generellen Risk on Sentiment auch riskantere Anleihenklassen gut performen werden. Wir sind daher in Lokalwährungsanleihen von Emerging Markets übergewichtet. Verbesserte Wachstumsaussichten, eine Umpositionierung der Anleger, unterstützende Kapitalflüsse, starke Rohstoffpreise und attraktive Bewertungen begünstigen die Schwellenländerwährungen. Während die geldpolitischen Lockerungszyklen in den Emerging Markets weitgehend zu Ende sind und einige Zentralbanken voraussichtlich später im Jahr 2021 mit Zinserhöhungen beginnen werden, erwarten wir, dass die Zentralbanken der entwickelten Länder ihre akkommodierende Geldpolitik in den nächsten Jahren beibehalten werden. Damit einhergehend werden die Renditen der betroffenen Länder auf ähnlichen Rekordtiefs wie aktuell verweilen. Eine Zunahme der Zinsdifferenzen würde die Währungen der Schwellenländer weiter unterstützen. Über die zweite Jahreshälfte 2020 hinweg, sind Investitionen in Schwellenländeranleihen um 50 Mrd. USD gestiegen. Die zuvor genannten Faktoren werden diese Entwicklung weiter verstärken und die globale Suche nach Renditen in Schwellenländern zunehmen. Unserer Einschätzung nach weisen Emerging Markets Anleihen in Lokalwährung die höchsten erwarteten Renditen auf.
CREDIT SUISSE (SCHWEIZ)
Pandenomics: Nach dem Schock
So ein Jahr wie 2020 hat es bisher nicht gegeben. Der weltweite Lockdown im Verlauf der ersten Welle der COVID-19-Pandemie löste den stärksten Wirtschaftseinbruch der jüngeren Geschichte aus. Die meisten Volkswirtschaften erholten sich im Anschluss deutlich, doch eine zweite COVID-19-Welle verpasste der Wirtschaft erneut einen Dämpfer. Dennoch dürfte sich das Wachstum 2021 langsam beschleunigen, ohne einen bedrohlichen Anstieg der Inflation oder der Zinsen zu bedingen, trotz der deutlich höheren Staatsverschuldung.
«Furcht und Schrecken»
Aufgrund des Lockdowns der Weltwirtschaft wird 2020 als ein historisches Jahr mit einzigartiger Konjunkturentwicklung in die Geschichtsbücher eingehen. Auf den stärksten Quartalseinbruch des globalen Bruttoinlandprodukts (BIP) im 2. Quartal folgte der kräftigste, jemals in einem Quartal verzeichnete Wiederanstieg. Dem waren eine Lockerung der Corona-Auflagen sowie beispiellose haushalts- und geldpolitische Maßnahmen vorausgegangen. Als die COVID-19-Pandemie drohte, außer Kontrolle zu geraten, griffen die verantwortlichen Politiker rund um den Globus zu drastischen Maßnahmen, um die wirtschaftlichen Folgen dieser Gesundheitskrise in den Griff zu bekommen.
Was war dieses Mal anders? In einem «normalen» Abschwung kommt es in den konjunkturempfindlichen Wirtschaftsbereichen wie dem Baugewerbe in der Regel zu einer Kontraktion. Dagegen ergeht es dem Dienstleistungssektor meist besser. Dieses Mal traf der Schock jedoch die zyklischen verarbeitenden Sektoren und die Dienstleistungswirtschaft gleichzeitig und löste damit extreme Schwankungen der wirtschaftlichen Aktivität aus. Dies ist äußerst selten.
In den USA kam es im Dienstleistungssektor in den letzten 70 Jahren nur dreimal zu einem Wachstumseinbruch: 1973, 2008 und 2020. Im Verlauf der aktuellen Rezession schwächte sich die Aktivität in den zyklischen Sektoren ab, denn mit dem Herunterfahren ganzer Volkswirtschaften kam es zu Störungen in den Lieferketten. Im Dienstleistungssektor kam mit den Ausgangsbeschränkungen das Geschäftsleben in diversen Branchen zum Erliegen. Bislang «normale» Geschäftsaktivitäten, wie z.B. der Betrieb eines Coiffeur Salons oder eines Restaurants, wurden in der Pandemie zu einem Risiko für Kunden und Mitarbeitende. Das erklärt Wirtschaftstätigkeit nach der Aufhebung der Lockdown-Maßnahmen, mit der gestörte Lieferketten wiederhergestellt wurden und zuvor geschlossene Unternehmen unter strengen COVID-19-Sicherheitsauflagen den Betrieb wieder aufnehmen durften. Zusätzlich unterstützt wurde die Erholung durch massive fiskal- und geldpolitische Stimulus Pakete.
Eine weitere ungewöhnliche makroökonomische Begleiterscheinung der Rezession 2020 ist der gleichzeitige Anstieg der Sparquoten in den USA, in Europa und Asien. Haushalts- und Sozialhilfeprogramme glichen einen Teil der Einkommensverluste während der Lockdowns aus und kurbelten die Konsumausgaben stärker an, als dies sonst der Fall gewesen wäre. Da die Ausgaben für Dienstleistungen im Gegensatz zu jenen für Waren jedoch durch die Abstandsregeln gebremst wurden, konnten die privaten Haushalte mehr zur Seite legen. Damit verbesserte sich ihre Vermögenslage, was in einer Rezession eher ungewöhnlich ist. Ein weiterer Anstieg der Ausgaben ist wahrscheinlich, wenn die geleisteten Arbeitsstunden weiter steigen und der Rückgang der Arbeitslosigkeit anhält. Sobald die Pandemie überstanden ist, werden die Konsumenten auch wieder mehr für Dienstleistungen ausgeben.
Belastung für die Löhne
Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) zufolge wurden während des Lockdowns im 2. Quartal weltweit 15% weniger Arbeitsstunden geleistet. Das entspricht annähernd 500 Millionen Arbeitsplätzen.
Allein in den USA verloren auf dem Höhepunkt der Krise im März und April über 21 Millionen Menschen ihren Job. Auch am europäischen Arbeitsmarkt ging die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden erheblich zurück, die Zahl der Arbeitsplätze jedoch weniger stark, da die Regierungen mit Kurzarbeitsprogrammen gegensteuerten. Im Rahmen solcher Programme können Unternehmen einen Antrag auf Verkürzung der Arbeitszeit stellen. Den Lohnausfall gleicht der Staat meist bis zu einer Höchstgrenze von 80% aus. Auch asiatische und Schwellenländer mit hohem Beschäftigungsanteil im öffentlichen Sektor konnten in der Krise ihre Beschäftigung vergleichsweise stabil halten. In Ländern mit geringem Sozialversicherungsschutz wie in den USA und in einigen Schwellenländern waren dagegen erhebliche Turbulenzen am Arbeitsmarkt zu beobachten. Während des Lockdowns kam es zu einer Entlassungswelle, auf die in der Erholung massenhafte Wiedereinstellungen folgten.
Bei Redaktionsschluss hatte sich die Lage an den weltweiten Arbeitsmärkten im Vergleich zum 2. Quartal wieder spürbar entspannt. Die Arbeitslosenquoten sind jedoch nach wie vor deutlich höher als vor Ausbruch der Pandemie. In den nächsten Monaten wird die Wiedereinstellungsquote vermutlich zurückgehen, denn die anfänglich positive Wirkung der Wiederaufnahme betrieblicher Aktivitäten lässt nach. Da es einige Zeit dauern wird, bis in der Wirtschaft wieder die vor der Pandemie verzeichneten Aktivitätsniveaus erreicht sind, ist in den nächsten zwei Jahren wohl weiterhin mit erhöhten Arbeitslosenquoten zu rechnen. Dies muss aber nicht von Dauer sein. In Ländern mit relativ flexiblen und unregulierten Arbeitsmärkten wie den USA dürfte sich die Arbeitslosigkeit schnell wieder auf dem alten Gleichgewicht einpendeln, selbst wenn die Produktion unter dem Niveau von vor der Pandemie bleibt. Aber solange Unterbeschäftigung herrscht, dürften die Löhne weiter unter Druck stehen. In Europa und Japan werden Gesetze dem jedoch entgegenwirken.
Kreative Zerstörung und Produktivität
Ein Schock wie die COVID-19-Pandemie bleibt auch für die Produktivität nicht ohne Folgen. Eine Kennzahl hierfür ist das Wachstum der Arbeitsproduktivität, d.h. das reale BIP-Wachstum abzüglich des realen Wachstums der geleisteten Arbeitsstunden. Während der Pandemie stieg die Arbeitsproduktivität sprunghaft an, denn die geleisteten Arbeitsstunden gingen stärker zurück als die Produktion. Wenn die Arbeitnehmer an ihren Arbeitsplatz zurückkehren, dürfte sich dies jedoch umkehren. Dann könnte sich das Produktivitätswachstum wieder verlangsamen. Über kurze Zeiträume betrachtet weist die Produktivität im Allgemeinen sehr starke Schwankungen auf. Auf längere Sicht könnte die Pandemie die Produktivität aber zumindest in einigen Sektoren steigern.
Der Lockdown hat zahlreiche Verwerfungen nach sich gezogen, durch die neue Geschäftsmodelle wie die Telemedizin und neue Arbeitsformen unseres Erachtens deutlichen Auftrieb erfahren. Diese Verwerfungen werden kurzfristig Kosten verursachen. Neue Geschäftsmodelle können auf lange Sicht jedoch zu Effizienzsteigerungen führen, vor allem dann, wenn Unternehmen und Regierungen in die richtigen Bereiche, wie z.B. die digitale Infrastruktur, investieren.
Zentralbanken warten ab
Da die Löhne unter Druck stehen und/oder – je nach Region – die Arbeitslosenzahlen steigen, dürfte sich der verhaltene Preis – auftrieb fortsetzen. Wir erwarten für 2021 weltweit eine Inflation von 2.3%. Sie bliebe damit unter dem vor der Pandemie erreichten Niveau von 2.5% im Jahr 2019 zurück. Für die USA prognostizieren wir im Jahr 2021 eine Teuerungsrate von 2.0% gegenüber 1.0% für die Eurozone und 2.5% für China.
Aufgrund dieser niedrigen Inflationsraten dürften es die Zentralbanken nicht eilig haben, die Leitzinsen zu erhöhen. Während des Lockdowns senkte die US-Notenbank (Fed) im Schulterschluss mit anderen wichtigen Zentralbanken die Zinsen auf annähernd null. Zudem reaktivierten oder verlängerten sie umfangreiche Wertpapierkaufprogramme. Ihr Ziel war es, die Realzinsen weiter zu drücken, um die Konjunkturerholung anzukurbeln. Wir gehen nicht davon aus, dass eine der wichtigen Zentralbanken 2021 die Zinsschraube anziehen wird. Auch für lange Zeit danach ist dies wenig wahrscheinlich. Tatsächlich könnte es sogar zu einer Ausweitung der Wertpapierkäufe kommen, wenn das Wachstum ins Stocken gerät oder die Inflation nicht steigt.
Unsicherheit bezüglich fiskalischer Zukunft
Die Pandemie und ihre Folgen dürften dazu beitragen, die Inflation 2021 im Zaum zu halten. Die langfristigen Auswirkungen der Krise auf die Teuerungsrate sind indes weniger absehbar. Mit der Zeit sind auf – geblähte Haushaltsdefizite und eine hohe Staatsverschuldung zu erwarten. Diese Destabilisierung der öffentlichen Finanzen kann die Inflation anheizen, aber nur, wenn die Zentralbanken auf künftigen Inflationsdruck unzureichend oder gar nicht reagieren. Dies könnte z.B. der Fall sein, wenn sie externem Druck nachgeben oder wenn sie sich bei ihren Zinsentscheiden allmählich von Sorgen über den Schuldendienst des Staates leiten lassen. Dies stellt ein Risiko für die Zeit nach COVID-19 dar. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass Druck auf die Zentralbanken ausgeübt wird, zur Finanzierung allzu ehrgeiziger Konjunkturprogramme beizutragen.
Auch besteht die Möglichkeit, dass die Zentralbanken zu spät oder zu halbherzig auf eine Inflationsbeschleunigung reagieren. Gleichwohl beschränkt die Umstellung der Fed auf ein durchschnittliches Inflationsziel die Notenbank nicht in ihrer Fähigkeit, schnell zu reagieren, sollte die Teuerung über das Inflationsziel hinausschießen. In Europa ist dies aufgrund der Satzung der Europäischen Zentralbank (EZB) sehr unwahrscheinlich. In Ländern mit hoher Staatsverschuldung haben die Zentralbanken größere Schwierigkeiten damit, die Inflation zu bekämpfen, als die Deflation in Schach zu halten. Das liegt daran, dass die Inflation das Schultern einer hohen Schuldenlast erleichtert, während die Deflation den gegenteiligen Effekt hat. Die Zentralbanken sind daher heute sehr viel offener für unorthodoxe geldpolitische Maßnahmen wie die quantitative Lockerung, Negativzinsen oder die Renditekurvensteuerung, um einen allgemeinen Preisverfall zu vermeiden, statt wie früher bei schwacher Konjunktur die geldpolitischen Zügel angesichts steigender Inflation zu straffen. Dies bringt die Zentralbanken bei der Erfüllung ihrer Mandate jedoch in eine heikle Lage. Noch ist es zu früh, um die Folgen solcher Extremrisiken abzuschätzen. Anleger sollten die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen jedoch im Auge behalten.
Das Schuldenerbe
Viele Länder haben während der Krise fiskalische Stimulusmaßnahmen in Höhe von 10% ihres BIP oder mehr auf den Weg gebracht. Bis Ende 2020 wird das Verhältnis von Staatsverschuldung zum BIP in den USA nach Angaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) auf über 130% steigen, in Italien auf über 160% und in Japan auf über 260%. Zwar bereitet der wachsende Schuldenberg den politisch Verantwortlichen zunehmend Sorgen. Zugleich wird jedoch der Druck zunehmen, zusätzliche Fiskalanreize zu setzen, sollten sich die Volkswirtschaften nicht vollständig erholen. In den USA dürfte sich der Umfang zusätzlicher Stimuli in Grenzen halten, da es den Demokraten nicht gelang, entscheidende Mehrheiten im Kongress zu gewinnen.
Mit zusätzlichen Konjunkturmaßnahmen in einer Größenordnung wie im Jahr 2020 ist jedoch angesichts der erwarteten Erholung der Weltwirtschaft und der geringen Wahrscheinlichkeit neuerlicher vollständiger Lockdowns nicht zu rechnen. Unabhängig von der Entwicklung der Weltwirtschaft bleibt die hohe Staatsverschuldung aber auch künftig eine Herausforderung für die politisch Verantwortlichen. Solange die Zinsen auf oder nahe den gegenwärtigen Tiefstständen verharren, ist die Verschuldung tragbar. Sie wird den Regierungen jedoch bei der Bekämpfung einer neuerlichen Rezession und, was noch wichtiger ist, bei der Finanzierung wachstumsfördernder Maßnahmen Fesseln anlegen. Hohe Schuldenberge dürften daher eines der auf lange Sicht belastenden Vermächtnisse von COVID-19 sein.
Protektionismus dürfte fortbestehen
In den letzten 20 Jahren ist der Anteil Chinas an der weltweiten Industrieproduktion von etwa 5% auf 30% gestiegen, während jener der USA unseren Schätzungen zufolge von 25% auf 18% gesunken ist. Viele westliche Politiker haben Maßnahmen zum Ankurbeln der Export- und Produktionskapazitäten sowie zum Stellenaufbau im Inland versprochen. Dies dürfte jedoch kaum in einem solchen Umfang geschehen, dass der Anteil der USA oder Europas an der globalen Produktion wieder deutlich steigt. Dagegen werden die seit 2016 zunehmenden Handelsbarrieren und -spannungen wohl Bestand haben. Dass die Zölle zwischen westlichen Volkswirtschaften angehoben werden, ist unwahrscheinlich – tatsächlich verhandeln die USA und die EU gerade über ein Handelsabkommen. Die Konflikte im Technologiebereich und bei Investitionen werden aber vermutlich anhalten oder sich sogar verschärfen. Als Reaktion darauf steckt China derzeit viel Geld in seine Halbleiterindustrie, um seine Abhängigkeit von anderen, eher unfreundlichen Handelspartnern zu verringern. Dies könnte eine Verdoppelung von Lieferketten zur Folge haben. Auch im Arzneimittelbereich könnten die protektionistischen Tendenzen zunehmen. Lobbyisten wollen den Eindruck erwecken, die COVID-19-Krise habe gezeigt, dass strategisch wichtige medizinische Produkte auf nationaler Ebene produziert werden müssten. Viel besser wäre es, über multi oder bilaterale Verträge sicherzustellen, dass bei einer künftigen Gesundheitskrise eine diversifizierte globale Versorgung sichergestellt ist.
USD dürfte weiter an Boden verlieren
Aufgrund der globalen Wachstumsbelebung, der Verringerung des realen US-Renditevorteils und der Ausweitung des Haushalts- und des Zahlungsbilanzdefizits erwarten wir 2021 eine weitere Abwertung des USD. Der EUR und der JPY dürften davon profitieren. Angesichts von Portfoliozuflüssen wird unserer Einschätzung nach auch der CNY zulegen.
Seit Anfang 2020 hat der USD gegenüber den Währungen anderer wichtiger Industrieländer an Boden verloren. Da wir 2021 mit einer anhaltenden globalen Konjunkturerholung rechnen, gehen wir davon aus, dass der USD weiter abwertet. Die stark expansive Geldpolitik der US-Notenbank (Fed) hat den Zinsvorteil des USD beseitigt, und auch die Aussicht auf schwache Haushalts- und Außenbilanzen in den USA dürfte die Währung weiter belasten. Die Einführung eines neuen geldpolitischen Rahmens durch die Fed, einschließlich eines durchschnittlichen Inflationsziels, erhöht das Risiko steigender langfristiger Inflationserwartungen. Es ist unwahrscheinlich, dass die Fed die Leitzinsen in den nächsten zwei bis drei Jahren erhöht, wodurch starke Schwankungen der Nominalrenditen verhindert werden. Dadurch besteht die Gefahr, dass die realen US-Renditen noch weiter sinken. Dies dürfte den USD zusätzlich unter Druck setzen. Eine ausgedehnte zweite COVID-19-Infektionswelle in den Wintermonaten könnte an den Märkten jedoch für eine gewisse Volatilität sorgen und dem USD aufgrund seines Status als sicherer Hafen vorübergehend wieder Auftrieb verleihen.
Bessere Aussichten für den EUR
Dank des umfangreichen Wiederaufbaufonds der Europäischen Union (EU) sind die politischen Risiken für den EUR gesunken. Trotz eines leichten Anstiegs des Haushaltsdefizits sind die Außenbilanzen der EU strukturell in guter Verfassung (durchschnittlicher Überschuss von 3% in den letzten fünf Jahren), insbesondere im Vergleich zu den USA. Vor dem Hintergrund der weltweiten Verschlechterung der Staatsfinanzen sind wir zudem der Ansicht, dass mit der neuen EU-Anleihe ein Instrument zur Förderung der Konvergenz innerhalb der Union geschaffen wird, und es dürften mehr sichere liquide Vermögenswerte zur Verfügung stehen. Dies könnte dem EUR ebenfalls zugutekommen. Der EUR bleibt attraktiv bewertet, und wir erwarten, dass der EUR/USD-Wechselkurs bis Ende 2021 ein Niveau von 1.25 erreichen wird.
JPY und GBP ggü. USD unterbewertet
Der Ausblick für den JPY hat sich verbessert, da sich die US-Zinsen dem japanischen Zinsniveau angenähert haben und bei Betrachtung der Realzinsen sogar niedriger liegen. Der JPY bleibt gegenüber dem USD unterbewertet, obwohl der strukturelle Leistungsbilanzüberschuss und das hohe Auslandsvermögen Japans die Währung stützen. Wir rechnen mit einer leichten Aufwertung des GBP, da die fiskal- und geldpolitische Unsicherheit abnehmen dürfte, sodass sich der Marktfokus wieder auf die günstige Bewertung des GBP vor allem gegenüber dem USD richten kann.
CHF dürfte abwerten
Kurzfristige Unsicherheiten bezüglich der geopolitischen Lage und COVID-19 könnten den CHF bis Ende 2020 weiter stützen. Allerdings dürfte die Schweizerische Nationalbank eine Aufwertung des CHF verhindern, indem sie bei Bedarf am Devisenmarkt interveniert. Für 2021 erwarten wir, dass der CHF gegenüber dem EUR wahrscheinlich stärker an Wert verliert, da sich der Ausblick für die Weltwirtschaft aufhellt und der CHF weitgehend überbewertet ist.
Selektiv in den Schwellenländern
Da sich die USD-Schwäche wahrscheinlich fortsetzen wird, dürften sich die fundamentalen Aussichten für Schwellenländerwährungen 2021 verbessern. Angesichts der noch spürbaren Auswirkungen des COVID-19- Schocks und der Unsicherheit über den Bedarf an zusätzlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus glauben wir jedoch, dass die Wirtschaftstätigkeit in den Schwellenländern auf kurze Sicht verhalten bleiben wird. Zudem gehen wir davon aus, dass sich die Schwellenländer 2021 etwas stärker erholen werden als die USA. Wir rechnen mit geringerer politischer Unterstützung, da die fiskalischen Maßnahmen teilweise eingestellt werden und die Zentralbanken der Schwellenländer weniger expansiv agieren, nachdem die Inflation im 3. Quartal die Talsohle durchschritten hat. Da die Zinsen weltweit auf einem niedrigen Niveau verharren, könnten Zinserhöhungen in den Schwellenländern die Währungen dieser Länder stützen, solange diese nicht als Gefahr für die Realwirtschaft betrachtet werden. Vor diesem Hintergrund rechnen wir mit einer leicht voneinander abweichenden Entwicklung der einzelnen Währungen.
In Asien dürfte sich der Leistungsbilanzüberschuss Chinas schließlich in ein Defizit verwandeln, da im Zuge der strukturellen Neuausrichtung der chinesischen Wirtschaft der Schwerpunkt langfristig auf den Konsum und eine geringere Sparquote gelegt wird. Die Netto-Portfoliozuflüsse dürften jedoch 2021 weiter stark ausfallen. China bietet im Vergleich zu den Renditen globaler Kernanleihen attraktivere Zinsen. Zudem könnten auch die Aktienmärkte positive Zuflüsse verzeichnen, da sich Chinas Wirtschaft erholt und die Gewinne chinesischer Unternehmen wachsen. Insgesamt rechnen wir 2021 mit einer leichten Aufwertung des CNY und sehen USD/CNY in zwölf Monaten bei 6.32. Dies dürfte auch andere asiatische Währungen gegenüber dem USD stützen. Wir rechnen insbesondere mit einer positiven Entwicklung des KRW, da Südkorea einen starken Leistungsbilanzüberschuss aufweist und COVID-19 unter Kontrolle gebracht hat.
ZÜRCHER KANTONALBANK (SCHWEIZ)
- Auf den starken globalen Wirtschaftseinbruch folgt eine noch stärkere Erholung
- Reinigungseffekt von Rezessionen nimmt ab
- Schuldenabbau wie in Nachkriegszeit ist illusorisch; tiefe Zinsen und höhere Inflation bevorzugte Mittel; trotz rekordhoher Staatsverschuldung kostet der Schuldendienst so wenig wie zuletzt vor 45 Jahren
- Krisen beschleunigen Trends: Abnahme der Erwerbsbevölkerung und Digitalisierungsschub sind irreversibel
- Vermächtnis Nr. 1: Schwere Krisen führen zu tieferem Potenzialwachstum – Covid-19-Krise ist keine Ausnahme
- Vermächtnis Nr. 2: Staat leistet Abhilfe; Globale Staatsverschuldung steigt auf neues Rekordhoch
- Vermächtnis Nr. 3: Geldpolitik sorgt für günstige Finanzierungsbedingungen
- Eurozone: Kurzfristig werden die wirtschaftlichen Schäden der Pandemie nochmals zunehmen
- Weltwirtschaft: Beschleunigte Erholung dank Impfstoff
- Währungen: Viele Währungen sind gegenüber dem CHF unterbewertet
SPARKASSE OBERÖSTEREICH (ÖSTERREICH)
Weite Teile der Welt befinden sich in der Frühphase eines Aufschwungs, die Inflation ist niedrig und die Geld- und Fiskalpolitik liefern Unterstützung. Die Erholung ist im 4. Quartal 2020 durch eine neue Welle an Corona-Infektionen ins Stocken geraten, da aber die Staaten erneut Maßnahmen ergreifen, ist eine Wiederholung der Situation von März 2020 eher unwahrscheinlich. Die medizinische Versorgung ist besser, es gibt Hoffnung durch die neuen, zugelassenen Impfstoffe und die Lockdown-Maßnahmen treffen die Wirtschaft nicht mehr unvorbereitet. Für das Jahr 2021 erwarten wir Wachstum und eine optimistischere Grundstimmung als 2020. Positive Entwicklungen dürfte es hinsichtlich Zukunftsthemen – wie die Energiewende und die Digitalisierung – geben. Branchen wie der Tourismus werden dagegen noch länger unter den Corona-Maßnahmen leiden.
Die frühe Phase eines neuen Konjunkturzyklus, in der wir uns gegenwärtig befinden, sollte die Entwicklung von Aktien gegenüber Anleihen begünstigen. Die Bewertungen von Aktien erscheinen vielerorts zwar hoch, dies gilt aber eher für die nominale und nicht für die reale (inflationsbereinigte) Betrachtung unter Berücksichtigung des massiven Anstiegs der Überschussliquidität. Ein ungewöhnlich hoher Nachfragestau durch stark gestiegene Sparquoten in privaten Haushalten und eingeschränkten Investitionsmöglichkeiten könnten zudem die Unternehmensgewinne stärker als erwartet ansteigen lassen – vorausgesetzt die Arbeitslosigkeit sinkt und die Wirtschaftsaktivität normalisiert sich. Auch diese Aussicht mildert die scheinbar überzogenen Bewertungen ab.
Anleiherenditen sind weiter zurückgegangen, obwohl die Verschuldung gestiegen ist – dieser Sachverhalt ist eher unüblich. Somit steigt die Attraktivität von Aktien, wobei hier die hohen Schwankungen zu beachten sind. Beim Aktienkauf sind zudem regulatorische Erfordernisse zu erfüllen, die durch den/die Berater*in geprüft werden.
Die Pandemie rückte im Jahr 2020 an den Börsen nach einem relativ kurzen, anfänglichen Schock rasch in den Hintergrund und ab dem 3. Quartal überwog die Hoffnung auf den Wirtschaftsaufschwung. An den Aktienmärkten ist mittlerweile eine gewisse Euphorie spürbar, die besonders bei Themen wie ESG, erneuerbare Energien und IPOs gut sichtbar wird. Befeuert werden die Märkte auch von der politischen Seite, durch Regularien (ESG) und durch billiges Geld der Notenbanken. Der Beginn des neuen Konjunkturzyklus macht sich bereits in den Rohstoffpreisen bemerkbar. So sehen wir starke Anstiege in Kupfer und Silber. Der schwache USD spricht auch für Rohstoffinvestments.